Es ist bitter, wenn eine Person zum Schluss kommt, sie habe ihr Leben falsch geführt. Bei einer zweiten Chance würde sie andere Entscheide treffen. Von Anfang an. Einem Menschen in dieser Misere ist kaum zu helfen. Darüber hinaus wird diese Person vereinsamen, denn niemand will mit so einer Düsternis aus freundschaftlicher Nähe zu tun bekommen. Dieses Leid hängt aber wesentlich von einem bestimmten Menschenbild ab, das jemand selbstverständlich auf sich selbst anwendet. Ändert man das Bild, verschwindet vielleicht das Leid. Oder es wird abgemildert. Das klingt leicht, ist es aber nicht.
Durch Fernsehkanäle zappen gilt für verpönt. Spielt aber der Zufall mit, ergeben sich unerwartete Erkenntnisse. Man kriegt einen jähen Vergleich serviert, ohne den überhaupt keine Erkenntnis möglich ist. Weiterlesen
Zunehmende Kultiviertheit bedeutet, dass man immer wählerischer wird. Ein klarer Fortschritt im Vergleich zum rohen Naturzustand von ehemals. Kultivierte benehmen sich auch gerne herablassend gegenüber Hemdsärmeligen. Dazu besteht kein Grund. Wer kultivierter, sprich wählerischer lebt, verträgt rasche Umweltveränderungen schlechter als robuste Naturen. So wird man zu einer Orchidee im Wind der Evolution.
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Der Lehrermangel hat sicherlich verschiedene Gründe, aber nicht alle sind im Gespräch. Zum Beispiel der Zusammenzwang. Damit meine ich die Erwartung, dass die Schule regelmässig in der Öffentlichkeit als Einheit auftreten soll. Das erfordert ständige Teamarbeit, wie von Reformern dringend gewünscht, und somit Ablenkung von einem Kerngeschäft, das anspruchsvoll geworden ist.
Eine Generation zeigt selten Verständnis für die Altersgruppen, in die sie zeitlich gefügt steckt wie ein Verzehrgut zwischen zwei Sandwichbroten. Über diesen Missstand lässt sich leicht den Kopf zerbrechen, er hält sich hartnäckig. Seit je. Dieses Unverständnis unter Generationen mag uns Einzelne entmutigen, das Leben selbst scheint es zu wollen.
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Bob Dylan hat den Literaturnobelpreis zugesprochen bekommen. Warum nicht Till Lindemann von den Rammstein? Zu provokant, möchte man beanstanden. Dieser Einwand bleibt an der Oberfläche, so nachvollziehbar er scheinen mag. Lindemanns Lyrik reizt einen Nerv, der aus der Öffentlichkeit hart verdrängt wird. Umso mehr wird er von Tausenden geteilt. Europaweit. Weltweit. Seit Jahren.
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Christliche Selbstliebe klingt nach einem Widerspruch. Alles dreht sich doch um Nächstenliebe. Dabei stellt der Grundsatz «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst» klar, dass die Selbstliebe der Nächstenliebe vorangeht, sie sogar begründet. Daher kann durchaus von einer christlichen Selbstliebe die Rede sein. Dieser Ratschlag für ein gutes Leben unter Menschen hat aber seine Tücken. Auch hat er mit Problemen biblischer Übersetzung zu tun. Seine alternative Übernahme aus anderen Grundtexten wäre um Einiges hilfreicher für uns.
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Für Erasmus entsteht Krieg aus Krieg. Dabei geht den meisten Kriegen ein Friede voraus. Krieg entsteht also aus Frieden. Wie soll das gehen? Dem Frieden haftet tatsächlich eine Tragik an, die zu Krieg führt. Aber Frieden verhüten kann niemand wollen. Weiterlesen
Im Lehrberuf bin ich ein Quotenmann. Damit lässt sich gut herumwitzeln. Die peinliche Scham, dass ich womöglich bloss wegen meines Geschlechts die Auslese bestand, sollte mir zu denken geben. Wer dafür hält, dass in Führungsgremien Frauen vertreten sein sollen, muss andere Überzeugungen aufgeben, die ihm oder ihr am Herzen liegen. Andernfalls besteht ein Widerspruch, der die Politik für eine solche Quote angreifbar macht. Weiterlesen
Wer über Sinn oder Sinnlosigkeit des Lebens nachsinnt, denkt sozusagen im Leerlauf. Das Leben liegt jenseits davon. Sinn oder Sinnlosigkeit also: Weder das eine noch das andere macht Sinn. Das lässt sich sachlich herleiten. Bedauerlich für die, die sich in einem Sinn des Lebens sonnen, jedoch ein Glück für jene, die die angebliche Sinnlosigkeit des Lebens herunterzieht. Für beide gibt es gute Nachrichten. Weiterlesen
Den Namen des Ortes unterschlage ich. Es könnte eine Klage drohen. Genauso wie die Organisation hier sich systematisch gegen Klagen absichert, mit denen von allen Seiten zu rechnen ist. Liberalisierung klingt nach freundlicher Entspannung, wenn sie gesellschaftlich gemeint ist. Hier aber kommt sie in ihrer wirtschaftlichen Rolle daher. Das bedeutet Anspannung. Mittlerweile sollte man von einer Volkskrankheit sprechen.
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Für Fachunkundige: Ein INS-Kind ist ein Kind, das in die Regelschule einbezogen bleibt, trotz seiner Mühen, die beträchlich sind. Es wird also nicht in Kleinklassen abgesondert. In Augen der akademischen Tagespresse wie NZZ und Tages Anzeiger gilt diese Reform für gescheitert. Hier ein Beitrag aus der Praxis zur Stärkung dieser Ansicht. Weiterlesen
Das Meiste von dem, was wir von uns geben, wenn wir fremdes Verhalten beurteilen, sind blanke Unterstellungen. Wir massen uns an, das intime Leben einer anderen Person mit seinen Motiven und Strategien genaustens zu durchschauen. Dabei verhält es sich wie bei Schrödingers Katze: Wir müssten diese Intimität knacken, um die Bestätigung zu bekommen, wie es bei Schrödingers Gedankenexperiment auch vorgesehen wäre. Aber das gelingt selbst in engsten Bindungen kaum, wo man sogar trotz geteilter Intimität unerkannt leben kann.
Jede sexuelle Orientierung hat mit dem gleichen Leben zu tun. Genau wie ich. Einerlei, wie diese Orientierung aus dem Leben hervorgeht, ob aus persönlicher Entscheidung, ob therapeutisch gut begründet oder einfach als Lebensstil, ich interessiere mich dafür. Es sind Lebensformen, die ich abstrichlos anerkenne. Hier stehe ich, nein hier sitze ich und kann nicht anders. Wenn jedoch Dragqueens Kindern im Vorschulalter Märchen vorlesen, kommt mir das sehr angestrengt vor. Ich kritisiere unabhängig dieser Personen eine hemdsärmelig naive Bildungsmethode, bei der man zudem diplomatisch ungeschickt vorgeht.
Noch einmal: Wenn wir im Alltag Fremdverhalten beurteilen, handelt es sich zuallermeist um blanke Unterstellungen. Weiterlesen
Weg mit diesem Techno-Zeug! So ein Elter zu seinem oder ihrem Kind mit Bildschirm. Diese Ignoranz erinnert an das neuzeitliche Unverständnis, das man Leuten entgegenbrachte, die in Bücher starrten wie auf ein Stück Holz. Damals wie heute gilt: Von Aufklärung keine Spur. Nehmen wir an, das Kind spielte gerade Woodoku, mein neustes Vergnügen für Zwischendurch. Da lohnt sich ein genauer Blick, statt Abwehr aus Abstand.
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Der Jugend geht es schlecht. Da gibt es wohl manche Ursachen. Corona zum Beispiel. Mit dieser handlichen Begründung lässt sich ein Missstand abfedern, der im Grunde einer Gesellschaft den Bankrott erklärt. Denn wer die Jugend verheizt, hat wenig von irgendeiner Zukunft zu erwarten. Sicherlich gibt es Weiteres punkto Ursachen zu bedenken. Zum Beispiel die Praxis der Scheinselbständigkeit, die wir den jungen Menschen zumuten.
Wie heisst es schon wieder richtig? Politische Korrektheit erfordert eine besondere Sachkenntnis. Einmal mehr bekommt die Mehrheit von einer Minderheit eine bessere Welt verschrieben. Die Wortwahl bleibt keineswegs dem persönlichen Gutdünken überlassen. Dies zu beanstanden muss man kein Populist sein. Demokrat genügt. Immerhin wird in dieser Sache ein gesellschaftlicher Druck ausgeübt, der von keinem Mehrheitsentscheid beglaubigt wird.
Wenn sich in einer Gesellschaft Schichten ausbilden, halten wir das für ungerecht. Früher fand man sich damit ab: Die Reichen und die Armen, diese Prekären, zu denen der Mittelstand absinkt. Folglich wird Schichtbildung als rückständig erachtet. Die Aufklärung, die für Gerechtigkeit für alle einsteht, versagt immer wieder. Das kann einen zusetzen. Bevor man sich selbst aber gleich aufgibt, sollte man bedenken, dass Schichtbildung immerhin natürlich ist. Weiterlesen
Ursachen zum Lehrermangel sind vielfältig. Unter anderem bestehen im heutigen Bildungssystem markante Widersprüche. Sich diesen zu beugen, kann für Lehrkräfte schambehaftet sein. Einer dieser Widersprüche betrifft den Umgang mit Metakognition als unabdingbarer Voraussetzung zu Selbständigkeit.
Die Frage, wie wir uns aus Zwängen lösen, beschäftigt uns Menschen grundsätzlich. Sehr oft stehen uns dafür überzogene Erwartungen im Weg, die wir ans Leben stellen. Die Veränderungen, die dazu nötig wären, bedingen viel Aufwand und eine hohe Disziplin, an der viele scheitern. Die erste Einsicht wäre die, dass wir unsere Erwartungen einfach herunterschrauben. Das wäre die handlichste Massnahme, sie gelingt aber kaum. Ein anderer Weg, Freiräume zu erlangen, besteht darin, die Sachlage, die uns zusetzt, anders zu deuten. Dazu diese Fingerübung.
Die Idee, mit dem Panoramazug die Berge zu durchgondeln, überkam mich spontan. Sie ist etwas altbacken. Zwar bekam ich zu sehen, was das Angebot versprach. Hautnah jedoch erlebte ich die New Economy mit ihrem klinischen Charme. Weiterlesen
Fortschritt und Wohlstand laufen auf mehr Schmerzfreiheit hinaus. Das bedeutet aber auch mehr Wehleidigkeit.
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In Reaktion auf die Zustimmung des Moskauer Patriarchen zum Krieg in der Ukraine 2022.
Allein bin ich zur Welt gekommen, allein werde ich sterben. Allein, das heisst: Eins mit dem All. Zwischen Geburt und Tod liegt mein Leben. Keines sonst. Demnach geniesse ich wie alle Lebewesen einen bevorzugten Zugang zum Kosmos. Diesen intimen Zugang jedoch habe ich weder gewählt, noch mir zugespielt. Was immer ich tue, was immer ich unterlasse, sind zugleich Ereignisse oder Unterlassungen des Lebens selbst. Mein Leben gehöre mir, heisst es. Ein seltsamer Besitzstand, bei dem zwischen dem Besitzer und seinem Gut kein Unterschied besteht. Als Besitz müsste es ganz von mir zu lösen sein. Daher gilt: Mein Leben steht im Dienst am Leben überhaupt, indem es die Zwecke bestimmt, die für mich gelten, sowie die Mittel dazu bereit stellt, wenn es sich denn fügt. Ich gehöre dem Leben. Nicht umgekehrt. Dieses Leben bringt Verwundung und Schuld. Beides nehme ich auf mich. Ohne Zorn und ohne Reue. Ich bin Nahrung, und ich verzehre Nahrung. Ansonst töte ich nichts und niemanden, nur damit ich sicher lebe. Denn so fügte ich anderen zu, was ich selbst abwehre. Notfalls verlösche ich in Anstand und Würde. Mein Körper besteht aus Stoffen, die von Sternen herrühren. Das Eisen in mir stammt als Asche von fernsten Supernoven ab. Die Natur sorgt dafür, dass mein Gehirn aufs Gramm gerechnet zig tausendmal mehr Energie hervorbringt als ein Gramm Sonne. Diese ungeheure Bündelung kosmischer Energie führt zu einem Erkenntnisüberschuss, der uns auch Probleme bereitet. Ein Leben rein aus Instinkten verliefe zuverlässiger. Das lässt sich an Kleinstlebewesen belegen, die im Sekundentakt Generationen hervorbringen. Diese Bündelung an Energie im menschlichen Schädel hat auch Verhaltensweisen zur Folge, die sozial problematisch sind. Seit jeher stempeln wir sie als bösartig oder krankhaft ab. Diese Verhaltensweisen sind anders zu beurteilen, wenn man die natürliche Einrichtung dieses Erkenntnisüberschusses in Rechnung stellt. Denn niemand hat sie an sich gewählt. Der natürliche Tatbestand, dass unser Gehirn aufs Gramm gerechnet weitaus mehr Energie hervorbringt als ein Stückchen Sonne, veranlasst mich also dazu, dass ich den seltsamsten Verhaltensweisen von Menschen, die mit diesem Energieüberschuss in irgendeiner Form zurechtkommen, achtsam und mit Interesse begegne. Dieser Anspruch gilt für uns alle. Und das hat glücklicherweise zur Folge, dass uns nichts Menschliches fremd sein kann, wie es heisst. Genau genommen kann uns nichts Natürliches fremd sein. Die Grösse des Gehirns verlangt natürliche Anpassungen, damit es zur Welt kommt, nämlich das anormal verbreiterte Becken menschlicher Weiblichkeit sowie der Umstand, dass jeder Mensch als hilflose Frühgeburt zur Welt gebracht wird. Das Leben hat so diesen ökonomisch bestmöglichen Zeitpunkt eingerichtet. Als Menschenkind durchlief ich eine überlange Betreuungszeit, wenn man die Zuwendung zum Nachwuchs in der übrigen Natur zum Vergleich nimmt. Es heisst, je mehr ein Lebewesen von seiner Umwelt einbezieht, desto mehr bringe es zum Ausdruck. Das bedeutet: Je mehr Intelligenz ein Lebewesen seiner Bedingtheit entsprechend aufweist, desto mehr Fürsorge benötigt es zu seinem Fortbestand. Die grössere Freiheit bedingt mehr Abhängigkeit von anderen, so widersprüchlich das klingt. Also hat das Leben alles Erdenkliche eingerichtet, damit diese gebündelte Intelligenz in menschlicher Form zur Welt kommt. Wir litten dauerhaft Hitzschläge, wäre dem menschlichen Schädel kein besonderes System angeboren, das die überschüssige Wärme ableitet. Aus planetarischer Sicht verkörpert das Leben die immer gleiche, jedoch unterschiedlich bedingte Intelligenz. Diese Gleichberechtigung gilt ebenso für Menschen unterschiedlicher Epochen und kultureller Abkunft, sodass es sich untersagt, irgendein Lebendiges gegenüber dem anderen als rückständig und somit als untergeordnet zu bewerten. Das Leben bildet Arten aus dank der Auslese, damit es irdische Räume besiedelt. Die Auslese ergibt sich aus einem Zusammenspiel von Absicht und Zufall. Die Evolution verallgemeinert den Zufall als universelles Naturgesetz. Dabei erklärt sie bloss, wie es kommt, dass das Leben sich in Arten ausfächert. Sie erklärt nicht das Leben an sich. Sie lässt unerklärt, warum es überhaupt Leben gibt. Jedoch greift die Auslese nur auf Lebensformen zu, die bereits zur Welt gekommen sind. Auf eine erste Regung von Leben nimmt die Auslese keinen Einfluss. Und diese erste Regung allein begründet die Annahme einer möglichen Absicht des Lebens zu seiner kosmischen Ausbreitung. Evolutionisten halten an der universellen Zufälligkeit aus guten Gründen fest: Wenn man dem Leben auch nur ansatzweise eine gewisse Absichtlichkeit zuspricht, so befürchten sie, der ganze faule Zauber von Glauben und Aberglauben, mit dem über Jahrhunderte Machtpolitik öffentlich wie privat betrieben wurde, finde so ein Schlupfloch zu einer siegreichen Rückkehr. Diese Sorge mag übertrieben anmuten, wie immer in der Geschichte. Wer dem Leben eine Absicht unterstellt, bemüht deshalb noch lange keinen biblischen Gott als alternative Erklärung. Mir reicht das Bild eines Lebens, das wie eine taubstumme Person sich vorantastend in Zeit und Raum ausbreitet.
Ein weiteres Argument für diese Sichtweise betont die Unmöglichkeit einer Erklärung dafür, wie es kommt, dass aus einem Urknall, der wie jede Explosion ein sinnloses Durcheinander bewirken muss, stattdessen eine Ordnung hervorgeht, wie das Leben offenkundig eine ist. Leben besetzt planetarische Räume, indem es zu Arten via Auslese verästelt wird. Seine Möglichkeiten zur Anpassung sind beinah grenzenlos. Da gibt es Lebensformen, die in Höhlen Schwefelsäure verarbeiten wie wir Sauerstoff. Die Annahme liegt also nahe, dass das Leben sich weiter ausbreitet. Über die planetarische Begrenztheit hinaus. Folglich benötigt es den Menschen zu seiner Abdrift vom Planeten, damit es den zahllosen Supernoven entflieht, die in Zeitraffer gedacht den gesamten Kosmos durchfunkeln. Das Leben hat Jahrmillionen Zeit dafür, aber es hat nicht alle Zeit der Welt. Es flutet Möglichkeitsräume, sobald sie sich öffnen. Für diese Abdrift sind Natur und Kultur notwendig, damit es zur Technik kommt, die erforderlich ist, aber auch zur nötigen Gesinnung dazu, die sich zur Ideologie zuspitzt, wie es im Wettstreit während des Kalten Krieges der Fall war, der erste Hüpfer zu dieser Abdrift gleichsam ausgeschwitzt hat. Alle Natur und alle Geschichte, jegliche Betriebsamkeit menschlichen Lebens erweist sich als eine unbewusste Sphäre, die im Dienst an der planetarischen Abdrift des Lebens steht. Beidem bin ich verpflichtet, der Natur wie der Kultur. Mein Leben lang. Unwillentlich trage ich folglich dazu bei, dass dem Leben seine Abdrift von diesem Planeten gelingt. Die Schuld, die ich auf mich ziehe, sowie die Verwundung, die ich erleide, erklären sich von dieser Zielsetzung her. Jede Religion, ob sie einen Gott verteidigt oder an eine Vielfalt höherer Wesen glaubt, jede Politik, ob sie Umverteilung befürwortet oder Wettbewerb grundsätzlich gutheisst, trägt mittelbar das Ihre zu dieser Abdrift bei. Auch unter Ideologien findet ein Wettstreit statt. Das Bekämpfen einer gegnerischen Ideologie erinnert an sonstige Kriegstreiberei auch in der Wortwahl: Da gibt es hieb- und stichfeste Argumente, ganze Schulen stellen ihre Fronten, angebliche Beweisführungen werden in der Luft zerpflückt. Ideologien schärfen sich im Widerstreit, spitzen sich zu. Aus diesem Widerstreit kommt es zu ersten Anstrengungen zur Abdrift. Also gehört der Werdegang der jeweiligen Ideologie, ebenso ihre Zuspitzungen im Kampf wesentlich notwendig zu diesem Weg des Lebens weg vom Planeten. Welche Grosskonzepte auch gerade zur Debatte stehen, wie erneut anlässlich des Krieges in der Ukraine die Spannung zwischen Tradition und Säkularisierung, sie alle, so die planetarische Sichtweise, leisten ihren Beitrag zur Abdrift des Lebens von der Erde. Aus planetarischer Sicht sind alle entsprechend zu würdigen, weshalb kein Grosskonzept dem anderen vorzuziehen ist. Das Interesse hält den Blick vielmehr darauf, wie solche Grosskonzepte Neues schaffen, indem sie sich bekämpfen oder teilweise miteinander verschmelzen. Ob diese Abdrift die Geschichte des Menschen ins richtige Licht rückt, beruht auf einer Lesart unter anderen, auf einer Deutung, die immer persönlich ist. Mehr nicht. Und ob sie irgendwann gelingen sollte, ist ein Glaube und kein Wissen. Diese Lesart wird entweder geteilt, bekämpft oder links liegen gelassen. Manche dürften sich an ihrer Grobheit stören. Etwa in der Art, wie einst der historische Materialismus ganze Generationen von Idealisten beleidigte, indem er ein Übermass an Geistigkeit übermässig ausglich. So gesehen könnte man die Lehre von der planetarischen Abdrift des Lebens als futuristischen Materialismus bezeichnen. Solche Abfolgen von Übermässigkeiten, die nie ohne Konflikte erfolgen, durchziehen Natur und Geschichte bis heute. Wir hielten uns für die Krone der Schöpfung, als wir im Schlamm krochen. Nun, in Wohlstand gebettet, erklären wir uns zu einem Fehler der Evolution. Beides dürfte falsch sein. Denn warum sollte die Natur sonst einwandfrei wirken, jedoch ausgerechnet bei uns Mensch danebengreifen? Ich gehöre einer Art an, die sich selbst beargwöhnt, als Ausgleich dafür, dass sie keine Fressfeinde mehr hat. Kritiker finden uns Menschen haltlos und gierig, während die übrige Natur in sich stimmig sein soll. Diese Ansicht ist weit verbreitet und tief eingeschrieben. Dabei fehlt ihr der nötige Überblick. Die Unbewusstheit, in der sie haftet, belegt aus planetarischer Sicht, dass sie im Fortgang des Lebens eine bestimmte Aufgabe inne hat. Wenn Murmeltiere sich balgen, finden wir das so wunderbar natürlich. Dabei richten sie Flurschaden an, indem sie an Ort bleiben, ohne die Arena ihrer Balgerei zu wechseln. Meeresschildkröten würden ganze Felder von Seegras ratzekahl weiden, gäbe es bestimmte Haie nicht, deren Gebiss sich eignet, ihren Panzer zu knacken. Jede Art verhält sich ausbeuterisch. Kritiker an der Menschheit beklagen besonders die Synthetik, zu der unsere Art befähigt ist. Wohlgemerkt ist sie das von Natur aus! Allerdings ist anzumerken, dass auch die Kritik daran von Natur aus erfolgt. Wie sonst? Dem technischen Ja steht ein moralisches Nein gegenüber. Beides ist planetarischen Ursprungs, beides hat eine Funktion auf dem Weg des Lebens hin zu seiner Abdrift, als hielte sie eine Balance, eine Art Steuerung mit Beschleunigung und Verlangsamung in Gang, damit die Dinge reifen. Zwei Kräfte, die etwas in der Waage zu halten scheinen, das für das Leben in seinem kosmischen Fortgang bedeutsam ist, eben nicht indem sie harmonieren, sondern einander zuwiderlaufen. Synthetik, das heisst: Wir filtern Kleinstbestandteile aus der Natur und bauen sie anders zusammen: Medikamente, Mikrorobotik. Leider handelt es sich dabei keineswegs um eine menschliche Besonderheit. Auch die Natur kennt Synthetik in der genannten Bestimmung: Ein Nestbau ist so gesehen die eigentlich unnatürliche Verschränkung reissfester Halme und flauschiger Stoffe. Ein Graulaupenvogel filtert Schneckenhäuschen aus der Umwelt, er häuft sie an zu seiner Balz. Honig ist deshalb synthetisch zu nennen, da er aus Pollen und körpereigenen Eiweissen von Bienen gemischt ist. Synthetik gehört zur Einheit der Natur. Für die problematische Sonderstellung des Menschen gibt es so kein Argument mehr. Das Dilemma liegt darin, dass wir einerseits den Menschen für problematisch halten, die übrige Natur aber als fehlerfrei hochloben, obgleich sie genau diesen Menschen so hervorgebracht hat, wie er sich eben benimmt zwischen Sonne und Mond. Beides geht nicht. Der Ausgleich von Selbstüberhöhung und Selbsterniedrigung hat offenkundig seine Richtigkeit. Solche Ausgleichsprozesse erweisen sich aus planetarischer Sicht als besondere Gangart des Lebens hin zu seiner Abdrift von der Erde. Im Verlaufe vergangener Jahrhunderte, während wir zu einer Gesellschaft fortschritten, die auf Versorgung durch Hochleistung setzt, fügten wir uns angebliche Kränkungen zu, für die etwa die Namen Kopernikus, Darwin, Freud und Einstein stehen. Diese Kränkungen sind Aufklärungen, weiter nichts. Planetarisch gesehen klären sie zunehmend die Welt, in der wir leben, sowie uns selbst, auch wenn sie kämpferisch und wohl überspitzt daherkommen. Das gehört zu ihrer Aufgabe als Ausgleich. Ansonst haben sie keinen besonderen moralischen Wert. Denn die Überhöhung, die empfindlich gekränkt wird, hält sich ebenso wenig als angebliche Wahrheit über die Welt. Das Böse ist aus planetarischer Sicht kein Geheimnis, sondern offenkundig einer besonderen Ökonomie des Lebens geschuldet, die darin besteht, dass es zur notwendigen Ernährung andere Lebewesen vorsieht, die sich zur Wehr setzen, verspeist zu werden, da es wie alles Lebendige um den eigenen Fortbestand besorgt ist, statt dass das Leben eigens Nahrung hervorbrächte, die einfach vorhanden wäre wie etwa Wasser zum Durst löschen. Man gewinnt den Eindruck, das Leben erwischte so zwei Fliegen mit einer Klatsche, indem es die Lebensformen sich gegenseitig verspeisen lässt, statt mit viel Aufwand Organismen und Nahrung getrennt voneinander hervorzubringen. Darin liegt eine bestmögliche Ökonomie, die wir mühelos verstehen. Das so genannt Böse hat also mit Gewalt zu tun, die einerseits daher rührt, dass Lebewesen ihre Nahrung zerkleinern müssen, damit sie zu körpereigenem Gewebe umgebaut wird. Andererseits bildet die Rohheit dieser Gewalt das Fluchtverhalten der Lebensform ab, die als Nahrung vorgesehen ist. Beispielhaft wird das am Reisszahn ersichtlich, der nach innen gebogen ist. Diese Gewalt wäre überflüssig, hätte die Natur die Nahrung als üppigen Schaum hervorgebracht, der wie Rost den Dingen anhaftete, ohne dass er auf Selbsterhalt bedacht wäre wie die Lebensformen, die ihn verspeisen. Die Mittel zu dieser Gewalt nützen freilich auch zur Verteidigung. Und seitdem die Neurobiologie klar gemacht hat, dass in jedem Akt der Gewalt, selbst im Angriff, etwas verteidigt wird, entlarvt sich das, was wir als Böses ansprechen, bloss als Hälfte der Wahrheit. Diese Einseitigkeit ist unhaltbar aus planetarischer Sicht.
Sie deckt sich mit einer kitschigen Auffassung von Leben, die aller Aufklärung spottet, da sie die Welt in ein Gutes und in ein Böses teilt. Diese Naivität ist zu überwinden. Demnach spielt Verteidigung beim Opfer eine Rolle, wie leicht einzusehen ist, aber auch aufseiten der Täterschaft. Ein Wolf, der aus Hunger oder für seine Nachkommen ein Reh tötet, reisst ein Lebewesen, das junge Buschbestände schändet, damit es am Leben bleibt. Diese natürliche Ökonomie wirkt bis in lebendige Vorgänge hinein, die wir als kulturelle Evolution ansprechen. Sie haben stark mit den Ausgleichsvorgängen zu tun, die erwähnt wurden. Zwar hüten sich Menschen, ihre Artgenossen zu verspeisen, obwohl es sie genauso nähren würde. Dafür bekämpfen sie die Gültigkeit von Ideologien, ob nun religiöser oder politischer Abkunft, bemühen sich, ganze Weltbilder mit Stumpf und Stiel auszurotten. Streit, Konflikte, Krieg dazwischen bringt das Leben auf diesem Weg voran, auch wenn wir darunter leiden. Auch wenn Kriege uns die Hölle bereiten, verbessern sie die Rechtlichkeit, den sozialen Austausch, leider auch das wirtschaftliche Auskommen jener, die an der Zerstörung verdienen. Friede ist anzustreben. Der Ruf nach immerwährendem Frieden erschallt seit Jahrhunderten. Offenkundig ohne Erfolg. Frieden führt zu einer Entfremdung unter Menschen, die anders leben, anders denken, was unweigerlich Hand in Hand geht mit einer Leidvergessenheit aus Zeiten des Krieges, die dazu führt, dass die Bereitschaft zu neuen Konflikten wächst. Es heisst, nur im Krieg wird die Leidfähigkeit des Gegners offensichtlich. Religionen und Ideologien stehen in einem Konflikt zueinander, der sich mit natürlichen Brutalitäten vergleichen lässt. Ihr Anspruch ist ebenso radikal und ausschliessend wie die Tötung von Lebewesen. Dazu kommt eine Schwerkraft der Gewohnheit, die grundstürzende Veränderungen befürchtet und eher tötet als untergeht, um diese abzuwenden. Man könnte sagen, die Ideologie beansprucht einen bestimmten Geltungsbereich, etwa in der Art, wie ein Stamm seine Fressgründe sichert. Durchkämmt eine fremde Horde diesen Bereich, wird sie brutalst attackiert, ob nun seinerseits aus Not vertrieben oder infolge sonstigen Mangels an Sicherheit und Rohstoffen. Geraten fremde Kleintiere in ihre Fänge, kastrieren sie sie oder köpfen sie und lassen sie angefressen liegen, auch wenn es sich um Artgenossen handelt. Unter solchem Druck bilden sich im Stamm die Hierarchien deutlicher aus. Die Leittiere beissen Untergebene an ihren Platz zurück, wenn sie in die Weite schweifen, oder sie verstossen sie ohne Erbarmen, sollten sie sich heimlich paaren. Unter menschlichen Weltbildern, Ideologien oder sonstigen grossspurigen Überzeugungen findet unter Druck Vergleichbares statt. Krieg als äusserster Konflikt bereitet uns die Hölle auf Erden. Manche Bürger des Westens schütteln den Kopf darüber, dass solche Barbareien noch immer möglich sind. Als läge es an ihnen, zu bestimmen, wann damit fertig sei. Leider zeigt sich im Rückblick, dass Krieg das Zusammenleben unter Menschen auffrischt, damit die nötigen Verbindungen in Frieden unter Menschen geschehen, die zur Abdrift von der Erde unentbehrlich sind. Kriege vergleichen sich mit Flächenbränden, die das vernetzte Leben in Wäldern komplett erneuert: Nach dem Dreissigjährigen Krieg legten sie das Völkerrecht zugrunde, nach dem Zweiten Weltkrieg die Soziale Marktwirtschaft und das Bretton-Woods-Finanzsystem. Auch die Entwicklung der Technik, die für die Abdrift des Lebens vom Planeten unverzichtbar ist, wird durch Krieg erheblich vorangebracht. Akku und Quarzuhr wurden eigens für die Raumfahrt entwickelt. Das vordergründig friedliche Unternehmen ging ausdrücklich aus dem feindlichen Wettbewerb zwischen Ost und West hervor. Konflikte sind voraussehbar, eine Art sozialer Brennstoff häuft sich an, bis ein Funke überspringt. Also müsste man zur Vermeidung von Frieden aufrufen, aber dies liefe unserer Wesensart völlig zuwider, worin immer diese bestehen soll. Alles in allem gilt für mich der Eindruck, dass wir weniger einem Zeitalter der Vernunft teilhaftig sind, das immer wieder scheitert. Eher scheint es der Fall zu sein, dass wir uns in einer spättierischen Phase menschlichen Lebens befinden, solange wir unsere Werte und besonders unsere Identität bis aufs Blut verteidigen. Zwar nutzt Leben diese Verbissenheit, setzt sie ein auf seinem Weg zur Abdrift, aber es lässt Identitäten verdampfen. Wie alles, was sicher gefügt erscheint. Das Leben pendelt zwischen Bruch und Bewahrung bestehender Ordnungen. Ich anerkenne beides als seine Gangarten, die immer wieder auftreten. Auch bejahe ich den Atem zwischen Gleichschaltung und Föderalisierung lebendiger Gemeinwesen, der das gesamte Leben durchzieht. Ganz besonders unsere Geschichte. Daher irritiert es nicht, wenn erneut Diktaturen auftreten. Je nach Bedrohungslage werden sie wohl immer wiederkehren. Herrscht Entmündigung, auch wider unser Herz und Verstand, etwa wie in Staaten, die unter Druck stehen, dann sollen gewisse Dinge schweigen, damit Anderes reift und sich ballt, bis es aufschäumt und endlich in sein Gegenteil verkehrt wird. Diktatur und Entmündigung bleiben Gangarten der Geschichte, solange die Politik wie bisher darauf abzielt, dass wir vor den Problemen anderer Gemeinwesen abgesichert sind. Bei zunehmender Dichte auf diesem Planeten drängt sich eine grundstürzende Veränderung auf, was das Geschäft der Politik sein soll: Von nun an muss es uns ganz besonders darum zu tun sein, wie wir es schaffen, dass sich andere Gemeinwesen vor uns sicher fühlen. Das eigentliche Geschäft von Politik ist der Umgang mit Freiheit über Rechte und Pflichten. Alle Rechtsteilnehmer gestehen sich Freiheiten zu und fordern Pflichten ein. Freiheit kann nur politische Bedeutung haben. Eine persönliche Freiheit, die uns gleichsam angeboren wäre, ergibt keinen Sinn, denn das wissenschaftliche Weltbild verbietet die Annahme, die Verkettung von Ursache und Wirkung, von Grund und Folge sei an irgendeinem kosmischen Punkt so unterbrochen, dass eine persönliche Freiheit wie ein Blitz aus dem Nichts möglich wäre. Diese Annahme wäre deckungsgleich mit dem Konzept von Gott, der selbst ursachlos Kausalketten in Gang bringt. Darin zeigt sich der hohe, eigentlich übermenschliche Anspruch der Moderne, dass wir unser Tun und Lassen verantworten, als hätten wir bestimmte Kausalketten ausgelöst, ohne dass wir selbst in der Art oder Unart unseres persönlichen Menschseins ursächlich bestimmt wären. Daher weigere ich mich, mein Leben persönlich zu nehmen. Zwar wird das von mir erwartet. Denn Freiheit nennt sich, was ich mit den Möglichkeiten anstelle, die mir gegeben sind. Freiheit bedeutet im modernen Sinne Wahlfreiheit. Sie liegt uns sehr am Herzen, aber letztlich deshalb, damit wir haftbar zu machen sind und zu Rechenschaft berufen vor anderen, notfalls vor Gericht. Nur so wird eine zentrale Gewalt überflüssig, die uns unmündig hält und über uns zum Rechten verfügt. Sie kommt in Natur und Kultur regelmässig vor. Als Angehöriger westlicher Kultur gehört es sich, dass ich eine Diktatur mit verhindere, indem ich mein Tun und Lassen verantworte. Das heisst, indem ich so tue, als beruhte mein Leben auf meiner persönlichen Wahl, auch wenn das nicht der Fall ist, wie dargelegt. Meine körperliche Verfasstheit, mein Erbe, sei es familiär bestimmt oder kulturell, meine Intelligenz, meine Prägungen, meine körperlichen wie psychischen Stärken wie Schwächen standen nie für mich zur Wahl. Also bin ich nicht dafür zu behaften wie auch niemand sonst für seine Bedingtheiten. Und sollte jemand mir Rechenschaft aufnötigen, werde ich diese Regel befolgen, die Angelegenheit aber nicht persönlich nehmen. Joseph Beuys anerkannte seine Mitschuld am Krieg, wies jedoch die Erwartung von sich, ein schlechtes Gewissen zu haben. Dies würde ihm den Elan rauben, den er benötigt, um an einer besseren Welt mitzuwirken. Es steht allen Menschen frei, dieses Argument für sich in Anspruch zu nehmen sowie für andere, wenn sie sie beurteilen.
Das wäre sehr wohl auch im Sinne dieses Künstlers. Im Gegensatz zu Politik betrifft Moral das private oder intime Leben einer Person. Vergleicht man die Moralen aller Welt und aller Zeiten, ergibt sich eine grundsätzliche Gemeinsamkeit, die sich von selbst versteht, etwa die Goldene Regel, sei sie als negative oder positive Aufforderung verfasst. Wie ein guter Mensch sich verhält, bestimmt sich in allen Kulturen zu beinah allen Zeiten gleich. Gut sein bedeutet immer, dass man Rücksicht auf andere nimmt, dass man handelt zu ihren Gunsten. Eine Religion ist als Garant und Vermittlerin dieses Anspruches überflüssig geworden. Umgekehrt zählt aus planetarischer Sicht die Anerkennung, dass Egoismus sowie Altruismus beides vollgültige Gangarten des Lebens sind, die sich nur scheinbar widersprechen. Für das Leben ist beides von Nutzen. Je nach Situation kommt das Leben egoistisch voran, oder eben altruistisch, wenn Lebewesen zusammenspannen. Etwa wenn Pilze das Wurzelwerk ganzer Wälder vernetzen und so Informationen verteilen, während sie dafür Zucker bekommen. Moralische Sprüche, wie «Überwinde dein Ego» erweisen sich planetarisch gesehen als Ausdruck eines beschränkten Weltbezugs, wie er für viele, wenn nicht für alle Akteure bezeichnend ist, die ungewollt an der planetarischen Abdrift des Lebens mitwirken. Der Altruismus, den ein menschliches Gemeinwesen über alles stellt, bedeutet eine Form von Egoismus auf Stufe seines Überlebens. Umgekehrt trifft es sachlich zu, wenn es den persönlichen Egoismus zugunsten des Altruismus verteufelt, gerade da er als eine Art Egoismus der Gruppe wirksam ist. Die einfachste Politik wäre die Rücksichtnahme darauf, dass letztlich alle Menschen einzig darauf bedacht sind, gute Gefühle zu erleben, Lust, Freude, Anerkennung, wie es die Neurobiologie als eine Art minimalster Moral uns zur Verfügung stellt, während wir um jeden Preis Todesangst vermeiden, die doch überall mitwirkt. Schuld, die wir, ob begründet oder nicht, einander aufbürden, wurzelt in Todesangst. Nach neuster Forschung bedeutet der Tod keine Gegenkraft zum Leben, sondern eine seiner vielfältigen Einrichtungen. Daher erweist er sich aus planetarischer Sicht weder als schlimmster Abgrund, noch als ein Werkzeug des Bösen. Der Tod gehört dem Leben, nicht umgekehrt. Denn es gab Leben, bevor es den Tod gab. Als alles mit allem in Austausch stand. Wie immer man sich diese ursprüngliche Verfasstheit von Leben vorzustellen hat, man gelangt unweigerlich zum Schluss, dass es einen bestmöglichen Weg einschlug, indem es den Tod einrichtete. Als Heimat nehme ich diesen ganzen Planeten in Anspruch und kein erbärmliches Stück davon, für das ich auch andere zu töten bereit wäre. Daher ist es völlig belanglos, wo genau ich sterben werde, wo und auch wann ich mich meiner planetarischen Schwere vollends ergebe. Die Angst vor Heimatlosigkeit ist das Gewohnheits-Tierische an mir, das immer wieder durchfunkt. Unser Vertrauen in den Tod hängt davon ab, ob wir dem Leben vertrauen. Was mich geboren hat, lässt mich sterben. Es ist die gleiche Instanz. Mehr noch, als vollständige Einzelform von Leben, mit Wachstum, Stoffwechsel und Fortpflanzung, habe ich Anteil an dieser Instanz. Inder sagen, das Leben verkörpere eine Art kosmisches Ursubjekt, mit dem ich wie alle jederzeit übereinstimme. Dahin sinke ich also zurück. Irgendwann. Zurück dahin, als alles mit allem in Austausch stand. Diese Herkunft in uns wird mir zum Zielpunkt meiner Sehnsucht.
(Dieser Überschuss lässt uns Menschen eine Virtualität (Serres) ausbilden, mit der wir genauso ernsthaft und täglich beschäftigt sind wie mit Belangen der Körperlichkeit, nämlich Religionen, Geometrie, Mathematik. Alles, was wir als geistige Tätigkeiten ansprechen, die wie Schaum der körperhaften Welt aufruht. Diese Virtualitäten stehen notwendig im Dienst am Leben zu seiner Abdrift vom Planeten. Religionen verbinden Menschen untereinander über Ehe und Familie hinaus sowie über Stämme und Nationen. Ihr Wirken lässt sich politisch beschreiben. Verbindung ist entscheidend, damit Kultur geschieht und so die Abdrift vom Planeten gelingt. Religionen und Ideologien bieten Orientierung einer überschäumenden Intelligenz der menschlichen Spezies, die zwischen Sonne und Mond in allseitiger Tiefe hängt. Menschliche Intelligenz bedarf naturgemäss eines sinnvollen Ganzen, das über sie hinaus gültig ist und ihr einen klaren Platz zuweist. Die so genannt virtuelle Welt des Internets erweist sich nach Religion und Ideologie als weitere Gangschaltung des Lebens, die für Verbindung unter Menschen sorgt und damit für Orientierung. Ein weiteres Stück Evolution. Mehr nicht.)
Einmal mehr gerät die Geisteswissenschaft unter Beschuss. Vielleicht sollte man dafür Verständnis aufbringen, schliesslich hat sie das Erfahrungswissen während Jahrhunderten geringeschätzt und klein gehalten. Das ändert nichts daran, dass sie heute gegenüber der Naturwissenschaft ungeahnte Vorzüge zu bieten hat.
Das Mädchen deutet an den Nachthimmel, und es möchte wissen, ob es Blinksterne gebe. Weiterlesen
Meinungsvielfalt überfordert manche. Gerade Populisten haben damit Mühe, denen wiederum Reformer am liebsten einen Maulkorb verpasst sehen würden. Offensichtlich fällt es schwer, in Meinungsvielfalt ein Grundrecht zu erkennen, das hart errungen wurde. Schlimmer wird es, wenn die Meinung obendrein geändert wird. Ein Meinungswechsel bedeutet Stärke wie Schwäche zugleich.
Wer den Anspruch erhebt, aufgeklärt zu sein, dem schwebt ein faires Urteil vor in allen Belangen. Also kann ich nicht Ukraine-Versteher sein oder Putin-Versteher. Beides muss ich sein. Und nur beides. Weiterlesen
Jemand bereut einen Hauskauf, eine Ehe, ein Kind. Dinge, von denen man sich nur trennt, wenn man sein Leben moralisch ernsthaft beschädigt. Reue in dieser Grössenordnung bedeutet eine besondere Form der Marter. Bevor man jedoch darin versinkt, sollte man in dieser Angelegenheit Möglichkeiten für etwas mehr Selbstwertschätzung beachten. Weiterlesen
Kinder leben im Morgen. Wir nicht. Weiterlesen
Ein Flüchtling hält Lesungen zu Texten über die Heimatlosigkeit, die ihm aufgezwungen wurde. Das Schweizer Publikum zeigt sich betroffen und verschreckt ob der Vorstellung, uns würden wie ihm die Wurzeln gekappt. Von diesem Leid habe auch ich keinen Begriff. Das verpflichtet mich zu Respekt. Dennoch fällt mir an diesem Menschen eine merkwürdige Sturheit auf. Weiterlesen
Was ist eigentlich Geist genau? Da gibt es verschiedene Antworten. Eine ist mir während der Pandemie aufgegangen. Und auch jetzt beim Krieg in der Ukraine. Dieser Ansatz ist aber eher anstrengend. Denn es geht darum, dass man verschiedene Narrative in Gedanken austauscht, also Geschichten, die in diesem Fall Missstände wie die Seuche oder diesen Krieg erklären. Die Sicht auf die Welt kippt dadurch von einem Extrem ins andere und wieder zurück. Das ist Geistarbeit.
Primaten sollen Menschenrechte zugesprochen bekommen. Damit bringen wir sie mit uns auf Augenhöhe. Eine wünschenswerte Neuerung zwar, aber sie verdeckt massive kulturelle Probleme, die uns betreffen, nicht die Tiere.
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In Machthabern vermuten wir Menschen, die aus blanker Souveränität handeln. Als verfügten sie über endlose Reserven. Vielleicht überschätzen wir sie, damit wir wachsam bleiben. Wäre Putin jedoch eine Matrjoschka, was genau spränge als sein Innerstes zuletzt heraus? In seinem Fall müsste man eigentlich von einer Patrjoschka sprechen, sofern es das gäbe. Wer also könnte das sein?
Gerade jetzt, wo bei mir eine Leidenschaft für alternative Theorien heranreift, stellt die Regierung die baldige Aufhebung lästiger Massnahmen in Aussicht. Damit wird der Streit im Volk verrauchen, doch die Frage, wie wir miteinander umgehen, stellt sich weiterhin. Auch überlege ich mir, wie ich mit dem schlimmstmöglichen Fall umginge, sofern dieser denn einträte, wie er alternativ zu Corona verlautet wird. In beiden Fällen hängt der Friede davon ab, ob wir Natur und Mensch getrennt sehen oder als Einheit. Weiterlesen
Letzte Woche gedachte man der Befreiung von Ausschwitz zum 77sten Mal. Die Leugnung des Holocaust sprich der Shoa spielt auch eine Rolle in alternativen Corona-Theorien, die ein Weltjudentum am Werk sehen. Leugnen lässt sich dieses Ereignis sehr wohl, wie alles, was Tatsache ist. Zu seiner Belegung ist keine einzige Opferaussage nötig, so leid es mir tut. Die Täter selbst sorgen dafür.
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Ein Corona-Friedensvertrag hat eine moralische Bedeutung. Also gibt es keinen Gerichtsstand und daher keine Möglichkeit, den Vertragspartner einzuklagen. Wer von den Willenserklärungen abweicht, aus denen der Vertrag besteht, hat einfach moralisch verloren. Weiterlesen
Selten bis gar nie kommt es vor, dass eine Dokumentation mein Denken auf den Kopf stellt. Oder auf die Füsse, je nach dem. Weiterlesen
Vor Jahren traf ich einen Berufsschüler im Zug. Seinen Rucksack hatte er derart mit losen Arbeitsblättern vollgestopft, dass der Sack tiefer war als breit. Ein gepresster Block, bestehend aus Schulmaterial. Ohne Reiter oder Mäppchen dazwischen, die Orientierung geboten hätten. Über diesen jugendlichen Eigensinn sehe ich Leute den Kopf schütteln. Und ich sehe mich, wie ich diese Kritiker kopfschüttelnd mit Unverständnis bedenke. Sie könnten es besser wissen.
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Wer hat Angst vor dem Massenmenschen? Ich nicht. Weiterlesen
Die Liberalisierung bedroht die Demokratie. Das Klima drückt. Der Mittelstand verpufft. Im fernen Osteuropa droht ein Krieg. In Brüssel schleifen sie weiter an der Sprache herum. Die politische Korrektheit ist keineswegs über jeden Zweifel erhaben. Unter anderem hat sie den gegenwärtigen Populismus mitverschuldet. So läufts in der Geschichte: Wichtige Anliegen werden derart übertrieben, dass eine nächste Generation damit aufräumt.
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Der Neurobiologe Gerhard Roth schlägt ein neues Menschenbild vor. Menschenbilder leben von der Spannung zwischen Freiraum und Bestimmung. Die Einflüsse, denen wir unterliegen, sind nach neurobiologischen Befunden beträchtlich. Niemand erfindet sich aufs Geratewohl neu. Was Freiheit noch sein kann, das wäre also neu zu finden.
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Im Vergleich zum Weltall sind wir Menschen verschwindend klein. Und also unbedeutend. Dieses Urteil ist sehr beliebt. Wer vor Gericht so plädierte, würde wegen Befangenheit abgewiesen. Im Übrigen ist das Urteil argumentativ unbrauchbar. Man kann den Grössenvergleich zwischen Menschheit und Weltall leicht bestätigen, man muss nur Zahlen sprechen lassen. Genau so leicht jedoch lässt sich die Schlussfolgerung `klein also unbedeutend` bestreiten.
Die Listen der Merkmale für Sozialkompetenz sind unvollständig. Zwei wesentliche fehlen.
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Schüler aller Herkunft verkriechen sich kleinlaut, wenn man sie beim Spicken ertappt. Auch Schweizer, wohlgemerkt. Ein junger Türke jedoch, der sich sogar frühzeitig Zugang zu Unterlagen verschaffte, legte nach Entlarvung seiner Untat einen bissigen Stolz zutage. Ein freundlicher Bursche verwandelte sich im Nu in einen osmanischen Krieger. Ich war begeistert ob diesem untypischen Verhalten. Wie vermutet gibt es Gründe dafür. Weiterlesen
Kalifornien bringt nicht nur Orangen und Hippies hervor. Unter seiner Sonne gedeihen auch Internetgiganten. Ihre Betreiber glauben an Technik, aber nicht an Gesetze, die für alle gelten. Daher dulden sie keine Regulierung, selbst wenn diese demokratisch zustande kommt. Sie wähnen sich abgekoppelt von aller Geschichte. Offenbar haben sie in dieser Sache zu viel Sonne erwischt. Weiterlesen
Wie ein schnaubender Hornochse tappe ich auf dem Bildschirm herum. Dadurch wird das Handy noch langsamer, schliesslich muss es gleich mehrfach durchrechnen, was ich so sehr von ihm begehre. Eine Umgewöhnung auf mehr Langsamkeit steht ausser Frage. Dabei würde sie mich für die Zukunft fit machen. Und zwar nicht nur für meine persönliche Zukunft.
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Brad Pitt wurde daraufhin befragt, wie er die Absage einer Rolle verkraftet habe, die sich später als Kassenschlager erwies. Der Schauspieler stellt ohne Reue und Hader klar, er glaube eben daran, wie die Dinge sich entwickeln. Das Interview findet sich irgendwo auf Movie-Pilot. Brad Pitts Einstellung ist ganz auf mich zugeschnitten, auch wenn ich anerkennen muss, dass sie buddhistisch sein soll. Zum Nachdenken regt sie alleweil an. Denn die persönliche Freiheit scheint von Grund auf in Frage gestellt, wenn man einfach hinnimmt, wie sich die Dinge entwickeln. Das sieht auf den zweiten Blick jedoch anders aus. Weiterlesen
Sei tapfer! Das klingt heute eher altmodisch. Ein Harnleiterstein quälte mich vom Arbeitsplatz bis zur Notaufnahme. Keine ganze Stunde zwar, aber immerhin. Ein Freund fragte mich, wie es mir gelungen sei, tapfer zu sein. Zunächst fiel mir keine Antwort ein. Später gleich mehrere.
Wir möchten ewig leben. Dabei kriegen wir Unendlichkeit kaum zu begreifen. Wie so oft stehen uns dabei Gewohnheiten im Weg. Weiterlesen
Es gehört zu den Aufgaben der Aufklärung, dass sie Mythen bekämpft. Das heutige Marketing richtet neue Mythen ein. Eine dieser Mythen heisst künstliche Intelligenz. Weiterlesen
Computer sind uns an Präzision, Rechenleistung, Durchhaltevermögen und vor allem an Bedürfnislosigkeit weit überlegen. In der Kalifornischen Ideologie [Kp C], die bei berüchtigten Internet-Giganten den Tarif durchgibt, ist vorgesehen, dass Computer uns früher oder später ersetzen werden. Die Neurobiologie belegt den blanken Irrtum dieser Prognose.
Die heutigen Elterngespräche sind zur Formsache geworden. Es herrscht Höflichkeit, damit alle Beteiligten überleben. Bloss keine Fehler begehen. Ist die Situation unproblematisch, liegt sogar ein Witz drin. Diese Verkrampfung lässt sich gesamtgesellschaftlich beobachten. Vor Jahren war das anders: Anno 1992 endete eines dieser Gespräche damit, dass sich die Eltern gegenseitig ein Vampirgebiss in den Mund schoben. Weiterlesen
Wer in der Politik rote Linien zieht, sorgt sich um Werte, die ihm am Herzen liegen. Die Person fühlt sich in die Pflicht genommen. Eine sich schleichend anbahnende Übermacht gehört ausgeglichen, zurückgestutzt. Kein Wenn und Aber mehr. Zwar markiert diese Person so nach wie vor Gesprächsbereitschaft, sie beweist also Toleranz, allerdings unter eben dieser Bedingung. Genau genommen schürt sie Krieg. Weiterlesen
Offensichtlich lässt sich eine beliebige Persönlichkeit anhand ihrer Netzdaten erfassen, sogar was ihre unbewussten Eigenarten betrifft. Eine Probandin, für die ein Doppelgänger mittels Datenanalyse gefunden wurde, kam zum Schluss, es sei krass, wie durchsichtig wir sind. Das macht Angst. Wie immer, so auch hier, lassen sich jedoch Zusammenhänge des Lebens anführen, die dieses Problem entschärfen. Weiterlesen
Dass der Geist unabhängig vom Körper besteht, am besten über den Tod hinaus, halten viele für reines Wunschdenken. Andere setzen ihre ganze Hoffnung darauf. Ein unabhängiger Geist, den es schon immer gab und immer geben wird, finde auch ich eher unbehaglich. Wir sollten auch mit Anstand und Würde verlöschen können. Es gab mich ja Millionen von Jahren nicht, und das war auch nie ein Problem gewesen. Dennoch gibt es Argumente, die für diese Unabhängigkeit sprechen. Weiterlesen
Endlich habe ich eine Wallfahrt nach Sils-Maria ins Nietzsche-Haus unternommen. Wie ein Verrückter las ich dieser Tage im «Zarathustra». Dabei stellte ich betroffen fest, dass ich kein Nietzscheaner mehr bin.
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Wenn man die Einheit von Natur und Mensch für Tatsache nimmt, gefällt das bei Weitem nicht allen. Viele sind besorgt, diese Annahme entlasse uns aus jeder Verantwortung. Das kann man anders sehen. Auch wenn es Gründe gegen diese Einheitsüberzeugung gibt, überwiegen ihre Vorteile aus meiner Sicht. Weiterlesen
Gewisse Dinge lassen sich einfach nicht aus der Welt schaffen. Völkermorde zum Beispiel. Nahezu jedes Volk hat ein anderes auf dem Gewissen. Darauf weiss niemand eine Entschuldigung. Gleichwohl bin ich daran interessiert, dass ich dieses Übel zu verstehen bekomme. Am Besten aus der Einheit des Lebens heraus. Denn Verstehen und Entschuldigen sind zweierlei.
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Sportler brechen Rekorde. Warum gerade jetzt? Der angebliche Grund: Sie sind ausgeruht. Wegen Corona. Einmal mehr bietet uns diese Krise ein Lehrstück erster Güte. Weiterlesen
Nach den Millenials tritt nun die Generation Z auf den Plan. Damit löst beruflicher Ehrgeiz die Sorge um Freizeit und politische Korrektheit ab. Das sind beachtliche Unterschiede, aber ich halte sie für zufällig. Im Übrigen: Was soll nach Z kommen?
Ai Weiwei hat Chinas Staatsapparat am eigenen Leib zu spüren bekommen. Der Künstler sollte vom Westen begeistert sein. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil kritisiert er uns scharf. Weiterlesen
Die Wissenschaft geniesst nach wie vor hohes Ansehen. Dabei ist ihr Betrieb verludert. Das sage nicht ich, sondern der Physiker Eduard Käser in der NZZ vom vergangenen Wochenende, wenn auch in anderen Worten. Weiterlesen
Es kommt vor, dass gewisse Dinge, die uns zusetzen, einfach nicht aus dieser Welt zu schaffen sind. Zum Beispiel Red Bull, das als Unternehmen unbeliebt ist. Bei allem Verständnis für unseren Ärger wäre dieser Wunsch, nämlich dass etwas verschwindet, in seiner Art eigentlich faschistisch: Am besten so lange draufhauen, bis es zu Nichts verpufft. Wenn man diesen verfemten Sachverhalt jedoch aus der Einheit des Lebens begreift, klärt sich manches an ihm, das unsere Ansicht verändern könnte. Hier eine erste Fingerübung. Eben am Beispiel Red Bull:
Zwischen Religion und Wissenschaft besteht eine Kluft, die nicht sein muss, wenn man beides als Gangarten des Lebens erachtet. Weiterlesen
Die Schweizer Fussballer schaffen es kaum über einen Achtelfinal hinaus. Ich meine, aus dem gleichen Grund, der auch dazu führt, dass wir die Nationalhymne nur verhalten anstimmen, im Gegensatz etwa zu den Italienern vorgestern in Rom. Dieses scheue Selbstbewusstsein macht historisch Sinn. Auch heute. Weiterlesen
Kunst hat politisch zu sein. Dieses Dogma gilt unumstösslich seit dem 1. Weltkrieg. Ai Weiwei kritisiert China mit seiner Kunst. Dem habe ich nur schon deshalb mit Achtung zu begegnen, da ich auf keinen Fall ohne Grundrechte leben könnte. Dennoch bemühe ich mich um ein Verständnis dieses Volksgiganten. Hierarchien, die von oben nach unten befehlen, halten wir für überholt. Dennoch tauchen sie immer wieder auf. Wie stellen wir uns dazu? Weiterlesen
Seit Jahren lese ich Dürrenmatt. Jetzt erst hat sich mir erschlossen, wie radikal er ist. Sein Werk spendet sofortige Entlastung von planetarischer Schwere.
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Corona hat eine neue Art von Tourismus hervorgebracht. Weiterlesen
Vergessen hat eine produktive Aufgabe. Nicht nur, was das Gehirn anbetrifft. Weiterlesen
Nun habe ich sozusagen alle Naturdokumentationen von David Attenborough durchstudiert, wenn nicht durchbuchstabiert, gewisse Folgen gleich mehrfach. Der Erkenntnisgewinn übersteigt bei Weitem manche Philosophielektüre. Weiterlesen
Man stirbt hart, ist man der Überzeugung, mit diesem einen und einzigen Leben seien nun alle Chancen vertan. Der Höllenrachen steht offen, das Brett kippt, man wird unweigerlich hineingleiten. Beim Glauben an eine Wiedergeburt verhält sich das anders. Dazu gibt es weitere Vorteile. Und wenigstens einen Nachteil. Weiterlesen
Jede einzelne Lebensform verkörpert eine Eigenart, die von einer bestimmten Norm abweicht. Manche Leute meinen vielleicht, die Natur wäre ausserstande, ein uniformes Lebewesen mit der gleichen Fitness und den immer gleich ausgeprägten Eigenschaften hervorzubringen. So erklären sie den Individualismus in der Natur: Als ein Mangel an Genauigkeit in der Reproduktion. Sehr wahrscheinlich aber ist im natürlichen Individualismus, wie so oft bei Angelegenheiten des Lebens, eine klare Funktion zu sehen. Weiterlesen
Es liegt auf der Hand, dass wir in besonderen Fällen anwendungsbezogene Beratung suchen: Wie pflege ich naturgerecht meinen Garten? Wie backt man ohne Hefe? Wie aber steht es um Lebensberatung? Nicht erst seit der Pandemie häufen sich Angebote aller Art, die vorgeben, einen solch umfassenden Anspruch zu erfüllen. Zweifel sind da allemal angebracht.
Gewisse Anliegen erleiden eine Entwertung, wenn man sie auf Biegen und Brechen in der Gesellschaft durchsetzt. Im Übereifer von Regulierung und Bürokratie werden sie ordnungsgemäss verschlissen. Das betrifft etwa das wichtige Anliegen, dass man Rückmeldungen abgibt und annimmt.
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Nun ist es öffentlich: Auch Tiere nehmen Rauschgift. Das verlangt uns eine Entscheidung ab, wie wir überhaupt Drogen bewerten. Die Überzeugung jedenfalls, die weise Natur wisse sich zu beschränken, während Menschen zu haltlosem Missbrauch neigen, dürfte damit erledigt sein.
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Unter uns herrscht ein beachtliches Getue ums Ich. Wer bin ich? Was ist der Sinn meines Lebens? Was meine Berufung? Diese Sorge ergibt sich aus gesellschaftlicher Entlastung. Sie verdankt sich einem Wohlstand, den die Nachkriegszeit herangespült hat. Nun fragt man sich, wie lange diese Schönwetterlage wohl anhält. Das Gewese ums Ich jedenfalls tönt unbeirrt fort. Eine ganze Industrie von Beratung verschiedenster Ausrichtung nutzniesst davon beträchlich. Eine gewisse Bescheidenheit wäre in dieser Sache anzuraten. Aber das klingt schon sehr altbacken.
Schüler fragten mich, ob ich an die Hölle glaube. Ich selbst war erstaunt darüber, wie eindeutig ich ihre Frage verneinte. Weiterlesen
Zum Glück bin ich kein Chef-Typ. Denn Chefs sind zu bedauern. Sie schultern Verantwortung, verlieren Freunde und vereinsamen. Nun hat eine ETH-Studie überdies ermittelt, dass der Erfolg eines Unternehmens kaum von der Führungskunst seiner Chefs abhängt. Grund genug, den Bettel hinzuschmeissen. Und es kommt noch dicker.
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Das Leben stösst in Möglichkeitsräume vor und besetzt sie vollständig. Bei Gefahr verlässt es die angestammte Sphäre unter Inkaufnahme völliger Unangepasstheit an die neue Umwelt. Diese Transzendenz spielt auch in der Kultur eine Rolle. David Attenborough liefert eine Formel dazu: Bei Menschen braucht es keine mühselige Anpassung über Generationen hinweg. Es reicht eine Idee, sagt er. Ein Einfall, eine Ahnung. Weiterlesen
Ein Mädchen schäumt vor Wut wie sonst nie, als man die Kleine aus den rosafarbenen Plastikschuhen hebt, die nicht ihr gehören. Dieses Verhalten nehmen viele als Bestätigung dafür, dass Mädchen natürlicherweise auf Rosa ansprechen. Das ändert nichts daran, dass diese Farbe früher für Männer bestimmt war.
Die Vorstellung, wir seien als Einzelperson mit einer Freiheit ausgestattet, die irgendwie in uns wäre, ergibt keinen Sinn. Freiheit lässt sich nur politisch verstehen. Demnach spielt sie sich unter Menschen ab, jedoch nicht in ihnen.
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Der Mensch kennt kein Mass. Im Gegensatz zur Natur. Diese Ansicht gilt selbstverständlich, eigentlich seit je. Höchste Zeit sie zu widerlegen. Weiterlesen
Unter Schützen finden sich gewiss keine Spiritualisten. Meint man. Beim sonntäglichen Feldschiessen im Schützenhaus, das hierzulande einmal im Jahr pflichtgemäss abzuleisten ist, wird man eines Besseren belehrt. Weiterlesen
Alle am Handy. Hier wie auf der ganzen Welt. Der Tendenz nach, versteht sich. Also nicht wirklich alle, aber die meisten. Und nicht wirklich überall, aber beinahe. Weiterlesen
Die neue «Mitte»-Partei soll kein griffiges Profil mehr haben. Für mich hingegen bietet sie erst nach dieser Umbenennung ein handfestes Bekenntnis.
Die Klage darüber, dass unsere Gesellschaft Vieles vergessen hat, ist oft zu hören. Naturnahe Heilmethoden sind ein gängiges Beispiel dafür. Eine profitorientierte Arzneiindustrie liess das Wissen darum verkümmern. Diese Klage kommt mir doch etwas naiv vor.
Ich bin Nahrung. Ich bin Nahrungesser.
Upanishad (400 v.)
Das Problem des Bösen soll die grundlegende Frage des Geistesleben bleiben, so Tony Judt. Für die meisten steht fest: Das Böse tritt mit dem Menschen in die Welt. Ein weitschweifender Blick auf die übrige Natur, wie ihn neuste Dokumentationen vermitteln, lässt auch andere Vermutungen zu.
Leben verzehrt Leben. Genauer: Intelligentes Leben verzehrt intelligentes Leben. Das betrifft Fleischesser genauso, wie Vegetarier und Veganer. Wer Mühe damit hat, soll mit Anstand verhungern. Oder man wird Frutarier. Oder man lässt sich darüber belehren, dass das grosse Fressen in der Natur noch einen anderen Zweck als den der Ernährung erfüllt.
Meine Mutter schätzt virtuelle Kontakte, jedoch lässt sie Smileys ungenutzt, die ansonst reichlich zum Einsatz kommen. Was ich letzthin über diese lustige Art sich auszudrücken, entdeckt habe, überzeugt sie gleichwohl kaum.
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Ob Verschleierung bei uns zulässig sein soll oder nicht, bedeutet das Scharmützel eines Konflikts, der tiefer geht und seit Jahrzehnten andauert. Die Widersacher in diesem Konflikt lauten Moderne gegen Tradition. Und der Kampf verläuft wie folgt: Wo der Westen sich durchsetzt, macht er Traditionen überflüssig. Dagegen wehren sich noch viele unter uns. Weiterlesen
Noch einmal über Künstliche Intelligenz schreiben, dann ist Schluss. Vielleicht. Meine vorläufig abschliessende These: Künstliche Intelligenz gibt es nicht. Weiterlesen
Wenn man im Netz Zen-Musik abruft, bekommt man den typischen gleichförmigen Sound geboten. Ein ozeanisches Gewoge, bei Räucherstäbchen und sanften Klangschalen. Schon nach wenigen Minuten komme ich mir vor wie ein Embryo. Das Ganze dient der Entspannung von Angehörigen einer Hochleistungsversorgungsgesellschaft. Die ursprünglichen Zen-Gesänge jedoch haben, so vermute ich, eine andere Aufgabe. Und diese geht wohl über blosse Entspannung hinaus.
Mein Vater, ein Endachtziger, verkündete letzthin mit viel Begeisterung, die Wissenschaft habe neuste Befunde zum Vergessen öffentlich gemacht. Weiterlesen
Seit Kurzem gerate ich ins Grübeln, wenn ich mit der Gabel eng gepressten Thunfisch aus der Büchse schabe. Mir wird bewusst, dass ich eine intelligente Lebensform verspeise. Vegetarier jubilieren jedoch verfrüht. Auch sie müssen umlernen.
Trump werde ich vermissen. Seiner unverstellten Art wegen. Nun kehren die Demokraten zurück. Drüben gelten sie als Linke, denn sie befürworten mehr Umverteilung, mehr Zentralisierung. Die Linke also jubelt. Wie immer zu früh. Sie müsste umlernen, mahnt Slavoj Zizek. Dazu hätte ich einen bescheidenen Vorschlag zu machen. Zum Beispiel was den Umgang mit Anhängern eines Trump betrifft.
Zürich, Hauptbahnhof. Vor Jahren befiel mich in der “Time Lounge” die Idee zu einer Lebensphilosophie. Zufällig und skizzenhaft. Und wohl auch unbescheiden. Weiterlesen
Zielsetzung geht über alles. Im Management, in der Freizeit, in Schule und Armee. Zu meiner Schande bekenne ich, dass ich mir noch nie in meinem Leben je ernsthaft ein Ziel gesetzt habe.
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Nun hat die Unsitte auch die Pausenplätze erreicht: Dass man nachtritt, wenn der Gegner schon auf dem Boden liegt. Über diese Verrohung schütteln wir den Kopf. So ergeht es jeder Generation, wenn sie ins Alter kommt. Boxer wie Muhammad Ali könnten in der Sache vorbildhaft wirken. Sie wissen, wann genug ist. Weiterlesen
Immer wieder empört man sich über den Einfluss der Lügenpresse. Schlagwort Fakenews. Diese Branche manipuliere die Leute, heisst es. Wenn ich das höre, fühle ich mich jedes Mal beleidigt. Diese gängige Klage entmündigt mich als Leser.
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