Wir leben selbstbestimmt oder nicht. Entweder, oder. Selbstbestimmung stellt hohe Ansprüche. Eine Idealvorstellung. Zu einfach, zu schablonenhaft für das Leben. Das zeigt sich eindrücklich an der Rosenkohlsituation aus meiner Kindheit.
Die Art, wie Vorgesetzte Aufträge in Worte fassen, entscheidet darüber, ob Angestellte sich ins Zeug legen oder die Faust in der Hosentasche ballen. Weiterlesen
Ein unverstellter Blick auf Andy Warhol hilft dazu, dass wir Queers und Dragqueens jenseits des Diktats politischer Korrektheit verstehen. Das setzt voraus, dass man die natürliche Funktion von männlicher Homosexualität sachlich einsieht. Und diese Einsicht bedingt, dass wir Natur und Mensch als Einheit begreifen. Eine Sichtweise, um die wir nicht herum kommen, meiner Meinung nach.
Vor dem israelischen Regierungsgebäude stehen Kinderbetten. In Gaza zittern Kinder im Schlaf. Weiterlesen
Gewisse Dinge treten wiederholt gleichzeitig auf: Ist das Eine der Fall, trifft auch das Andere zu. Ihre Daten bilden eine Korrelation, sie laufen gleich oder ähnlich. Das kann kein Zufall sein. Daher finden wir, es müsse dazwischen einen ursächlichen Zusammenhang geben. Bei dieser Überzeugung ist aber mehr Glaube im Spiel als Wissen. Weiterlesen
Gerne wirft man anderen vor, sie seien blind betreffs einer bestimmten Angelegenheit. Sei dies Corona, das Klima, eine Schulreform oder die angebliche Überfremdung. Eigentlich wird damit bei anderen eine Beeinträchtigung festgestellt, ohne dass man Bedauern äussert oder Mitgefühl empfindet. Blindheit als Vorwurf ist sinnbildhaft gemeint. Unterstellt wird, die Person unternähme zu wenig gegen ihre Beschränkung, sie wehre sich störrisch dagegen. Das urteilt sich leicht, denn der Vorwurf selbst ist mit Blindheit geschlagen. Weiterlesen
Demokratie setzt Kritikfähigkeit voraus. Bildung und Aufklärung sollen diese Fertigkeit bei jeder einzelnen Person ausbilden helfen. Nun reden wir alle einander ins Zeug. Zuviel Kritik erschwert politisches Handeln, blockiert es sogar. Dieser Zustand wäre für Kant unvorstellbar gewesen. Es gibt nur eine anständige Methode, diesem hochwertigen Wildwuchs beizukommen.
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Nun wählen wir wieder. Kandidaten gibt`s genug. Gesichter landauf, landab. Sie garnieren ganze Plätze und Autostrassen. Als nach wie vor überzeugter Demokrat sollte mich das freuen. Weiterlesen
Liebeskunst klingt altbacken. Ovid zum Beispiel berät uns in der Liebe. Da geht es auch um Verführung, um Kleidung und Schminke, aber ebenso um Streit und Eifersucht. Um Belange also, die zur Liebe gehören. Dabei dreht sich doch alles um Gefühle, meinen wir, nicht um Können. Dann bräuchte es keine Ratgeber in Liebessachen. Die gibt es auch heute wie Sand am Meer. Ich bilde mir ein, zu diesem Thema eine eher grundsätzliche Einsicht beizusteuern. Weiterlesen
Kein Lebewesen ziehen wir zur Verantwortung, ausser uns selbst. Wir fordern einander ab, dass wir geradestehen für das, was wir tun oder unterlassen. Für diese Verantwortlichkeit müssten wir eigentlich auch unsere Erkenntnis kontrollieren, denn sie geht jedem bewussten Verhalten voraus. Das heisst, wir sollten unsere Gedanken beherrschen. Das tun wir aber nicht.
Die Schweiz bildet keine natürliche Einheit. Mit der Neutralität gibt sie Antwort auf ihre Angst, dass sie auseinandergerissen wird. Diese Angst ist ein Nachhall aus ferner Zeit. Heute besteht kein sachlicher Grund mehr dazu. Das hat Folgen für das Verständnis von Neutralität. Wir müssen verschiedene Neutralitäten annehmen.
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Selbständigkeit, Selbstgestaltung, Selbstorganisation. Weniger Einmischung, weniger Vorschrift. Ganz besonders in der Erziehung. Dieses Anliegen spricht für sich … selbst. Seine amtliche Durchsetzung lässt es allerdings verkommen. Und in der wissenschaftlichen Grundlage, dem dieses Anliegen beinah absolute Autorität verdankt, namentlich im Konzept der Autopoiese oder Selbstorganisation, steckt mehr Ideologie als Erfahrung. Schlimmer noch: Dieses Konzept sagt politisch viel aus, wissenschaftlich aber nichts. Oder nicht viel. Weiterlesen
Vor allem Religiöse sind um die Unabhängigkeit des Geistes besorgt. Sie erhoffen sich davon ein Weiterleben nach dem Tod. Fleischliches ist ihnen daher zu minderwertig, überhaupt alles Materielle. Also meiden sie auch die Wissenschaft, die auf Messbarkeit und damit auf Körperlichkeit setzt. Zwar ist die Wissenschaft ein Verein mit harten Statuten, doch das Verhältnis zu ihr sollte sich ändern. Denn mittlerweile bietet sie Angelpunkte, die Argumente für die Selbständigkeit des Geistes stützen könnten. Weiterlesen
Horrorfilme bringen mich nur noch zum Schmunzeln, sobald Monster angreifen. Denn als man ihr Verhalten designte, hat sich ein Fehler eingeschlichen. Dieser Fehler greift tief in die Märchengeschichte zurück. Seither kann ich den monströsen Schrecken leider nicht mehr ernst nehmen.
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Im Film «Das Weisse Band» von Michael Haneke aus dem Jahr 2006 meint der Pfarrer zu seinem Sohn, er leide mehr, wenn er ihn, den Buben, züchtigen müsse. Und er tue das aus Liebe, nicht aus Hass. Was wir heute für entsetzlich rückständig halten, folgt doch einem Grundsatz in der Erziehung, der auch heute gilt. Weiterlesen
Bahnbrechende Neuerungen führen zu Regelbrüchen. Aber sie gehen auch aus Regelbrüchen hervor. Durch Zufall oder willentlich oder aus Verzweiflung. Anders gesagt: Wer in der Norm verbleibt, bringt nichts Neues zustande. Die bahnbrechende Neuerung schlechthin ist die Relativitätstheorie. Wie wäre das für Einstein, wenn er heute lebte? Weiterlesen
Alle reden vom Mythos Gotthard. Ich suchte danach und bekam eine Psychotherapie verpasst. Meistens lebe ich sonst wie aus dem Liegestuhl. Und gerne stecke ich meine Nase in Chroniken. Nun aber hat mir die Geschichte einen Bauchschlag versetzt. Der Gotthard belehrte mich über einen Grad an Naturgewalt, der mir bisher unbekannt geblieben ist. Und er pflanzte mir dank zweier peinlicher Missgeschicke die nötige Angst davor ein.
Respektiert Erwachsene! Das bekommen Heranwachsende zu hören. Indes heisst es in der gegenwärtigen Politik: Respektiert Andersartige! Populisten wehren sich dagegen. Das liegt auch daran, dass auch ihnen keinerlei Respekt entgegengebracht wird. Respekt ist rasch gefordert. Dabei ist er ein schwieriges Geschäft. Weiterlesen
Ein Zebra, das durch die Serengeti prescht. Ein Kind am Meeresstrand mit ausgebreiteten Armen. Zwei Bilder, die uns sehnsüchtig machen nach ungetrübter Natürlichkeit. Kein Käfig mehr. Die Energien fliessen. Leider aber erzählen diese Bilder nur die halbe Wahrheit, denn sie sind aus Zusammenhängen gerissen.
Viele hadern mit Prägungen aus ihrem familiären Umfeld. Ob absichtlich oder nicht haben Eltern oder Geschwister zu starken Einfluss genommen. Kriegt man diese Prägung nicht verarbeitet, kommt ein persönliches Scheitern dazu, das den Geschmack am Leben noch ganz vermiest. Diese Angelegenheit lässt sich anders sehen. Näher am Leben im Allgemeinen. Etwa anhand des Beispiels von Michel Foucault. Weiterlesen
Für Germann
Moderne Kunst gilt als schwer verständlich. Viele finden sie verschroben, aufdringlich, herausfordernd. Ganz richtig. Genau darin liegt ihre gesellschaftliche Aufgabe. Sie bricht mit etablierter Überzeugung, stösst sie vor den Kopf. Darin wäre jedoch keine Gegnerschaft, sondern eine Zusammenarbeit zu sehen. Etwa in der Art, wie ich mir das Verhältnis zwischen Gott und Teufel, sofern überhaupt, nur als Zusammenarbeit vorstellen kann. Alles andere dünkt mich blauäugig.
Für uns Moderne steht ausser Frage, dass die Meinungsfreiheit beschnitten wird. Unter anderem hat sie in Satire und Karikatur Tradition. Wer sich beleidigt oder gar bedroht fühlt, hat sich dieser Situation anzupassen. Das führt aber zu Spannungen, die eine Gesellschaft zerrütten. Derzeit liegt die Schwelle zur Empörung ohnehin beschämend tief. Wer das Grundrecht der Meinungsfreiheit für absolut sieht, geht von einer harten Öffentlichkeit aus. Demokratie und vor allem Freundschaft hingegen bieten Argumente, die dafür sprechen, dass man die Meinungsfreiheit sogar von sich aus beschränkt. Einerseits aus Rücksicht auf andere, andererseits aus Bekenntnis zur Demokratie.
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Ein Selbstmord zerschneidet ganze Biografien. Man wagt sich gar nicht erst an seine Umwertung. Aber vielleicht ist es Zeit dafür. Weiterlesen
Der Wohlstand macht Traditionen überflüssig. Von Generation zu Generation dünnen sie aus. Indigene Kulturen verschwinden. Rund um den Erdball. Auch bei uns vor Jahren. Diese Entwicklung wird gerne beklagt. Auch unter uns, die wir kaum mehr Traditionen befolgen. Indigene Kulturen verschwinden aber auch deshalb, da ihre Mitglieder die westliche Kultur aus freien Stücken übernehmen. Genau wie wir es getan haben. Wer das bedauert, entmündigt diese Menschen. Wie zu Zeiten des Kolonialismus.
London Themse Südseite. Hier leben mehr Verlierer als Gewinner. Borough Market: Vollgestopfte Gassen, völkisches Essen. Allerorten blitzen Selfies. Ein Strassenkünstler hantiert mit einer kindlichen Handyattrappe, übergross und bunt glitzernd. Uns Passanten scheint er vor Augen zu führen, wie sehr wir auf dieses Gerät fixiert sind, indem er auch Gestik und Mimik überzeichnet. Was macht ihn so sicher, dass er die Angelegenheit richtig sieht und wir alle anderen falsch? Mir scheint, auch er hat nur mässig verstanden, was Leben ist.
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Honig gilt für natürlich, Saccarin für künstlich. Das klingt so eindeutig, dass man stutzig wird. Denn mit Hilfe des schamanischen Zoom-Out-Effekts gelangt man zu einer Sichtweise, in der beides nur natürlich oder beides nur künstlich sein kann.
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Mir ist nichts heilig! Wer das sagt, der würde gemieden. Ein Rohling der übelsten Sorte. Nach anderer Lesart wäre diese Person schlicht ein Weltenbürger der Zukunft.
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Die Lehre von der planetarischen Abdrift des Lebens durch uns Menschen wird so lange hypothetisch bleiben, bis Leben im All sich so verteilt hat, dass es kosmischen Katastrophen wie etwa Supernoven entgeht. Diese Lehre finde ich aus dem einzigen Grund aufschlussreich, da sie eine notwendige Umwertung besonders der menschlichen Konflikte erfordert, die im Rahmen kultureller Evolution geschehen. Diese Konflikte belasten ganze Generationen als sinnlos. Nun zeigt sich, dass sie wahrscheinlich einen Zweck erfüllen, der übergeordnet ist. Die These von der planetarischen Abdrift des Lebens ermöglicht somit eine Art Anti-Nihilismus.
Was meint eine esoterische Person genau, wenn sie vor einer dunklen Energie warnt? Energie ist doch wertneutral. Weiterlesen
Viele Angehörige meiner Generation verachten den Rummel, der um Serien veranstaltet wird. Sie sollten umdenken, sobald eine Familie gemeinsam eine Serie schaut. Generationen, sonst eher getrennt, verständigen sich über den Konsum von Serien, denn in eine Serie passt bekanntlich mehr Leben. Ein weiterer Vorteil, gewisse Serien wie “Outer Banks” zu schauen, greift hingegen tief ins Archaische.
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Im Netz fiel jemandem auf, dass es seit Längerem in Wissenschaft und Gesellschaft zu keiner bahnbrechenden Neuerung mehr gekommen sei. Woran liegt das? Der möglichen Antworten sind viele. Mein Beitrag: Das Problem liegt an übermässiger Normierung. Sie würgt Neues vorweg ab. Zur Normierung gehört unter anderem permanente Zusammenarbeit in Teams. Eigenbrötlerei gilt heute für verdächtig. Dabei haben früher vor allem Aussenseiter bahnbrechende Neuerungen hervorgebracht.
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1. Aus der Betriebslehre von Google: «Wer Vertrauen bekommt, würdigt Vertrauen. […] Glaube den Technikern, nicht dem Marketing. […] Der Erfolg einer Firma hängt auch davon ab, ob die Angestellten ihrem Leitbild Glauben schenken. […] Die Sensoren der Menschen für Bullshit sind sehr fein. […] Wozu ein [BWL-]Plan? Ein Plan hält uns nur auf. […] Man muss Vertrauen in seine Leute haben und genug Selbstvertrauen, um sie den besseren Weg finden zu lassen.» Das ist das, was fehlt. Ein systemisches Misstrauen, das den Lehrberuf auf Primarstufe schlechterdings unattraktiv macht. Weiterlesen
Das Böse an sich halte ich für ein Missverständnis. Weiterlesen
Heute ist es leicht zu provozieren. Die politische Korrektheit hat Fallstricke feinmaschig ausgelegt. Damit schafft sie ungewollt zahllose Gelegenheiten zur Provokation. Nur ein falsches Wort, und schon brandet Empörung heran. Wer Aufmerksamkeit nötig hat, der bediene sich. In Diktaturen sind Provokationen unverzichtbar. Das heisst aber noch nicht, dass sie demokratisch sind. Sie sind es nicht.
Politische Korrektheit nimmt ein Anliegen ernst, das ganze Generationen beschäftigt. Aber es gibt scharfe Gegner. Diese richten sich weniger gegen das Anliegen selbst, eher stossen sie sich daran, dass politische Korrektheit unter sozialem Druck diktiert wird. Denn dieses Diktat stellt das Anliegen über andere Interessen, die genauso ihre Dringlichkeit hätten. Weiterlesen
Der hat seine Chance gehabt! Das hört man oft in einer Entschiedenheit, die Eindruck macht. Besonders Erzieher reden so. Erst üben sie milde Nachsicht ihrem Zögling, geben sich kameradschaftlich. Im Wiederholungsfall aber schlagen sie hart zu. Weitere Chancen stehen ausser Frage. Gewiss nehmen sie an, dass sie so vorbildhaft Werte durchsetzen, die für das gesellschaftliche Zusammenleben unverzichtbar sind. Dabei ist es reine Willkür. Strenggenommen benehmen sich diese Leute wie Gott. Vor allem aber ist ihr Verhalten unsportlich.
Tieren in die Augen sehen, das liebe ich seit Langem. Ob Reptil oder Säugetier: Der Blick des Tieres ist immer der gleiche. Es ist ein Gleichmut darin, den ich bei Menschen vermisse. Aber ich bin sicher, er liesse sich auch bei uns finden. Weiterlesen
Nun schimpfen sie wieder. Schande auf mich und alle, die für satte Gewinne hohe Risiken eingehen. Die Kritiker haben recht. Ausnahmslos. Aber sie kapieren die Gesellschaft nicht, der wir alle angehören. Weiterlesen
Es ist bitter, wenn eine Person zum Schluss kommt, sie habe ihr Leben falsch geführt. Bei einer zweiten Chance würde sie andere Entscheide treffen. Von Anfang an. Einem Menschen in dieser Misere ist kaum zu helfen. Darüber hinaus wird diese Person vereinsamen, denn niemand will mit so einer Düsternis aus freundschaftlicher Nähe zu tun bekommen. Dieses Leid hängt aber wesentlich von einem bestimmten Menschenbild ab, das jemand selbstverständlich auf sich selbst anwendet. Ändert man das Bild, verschwindet vielleicht das Leid. Oder es wird abgemildert. Das klingt leicht, ist es aber nicht.
Immer mehr Leute empören sich über alles Mögliche. Das empört mich. Weiterlesen
Durch Fernsehkanäle zappen gilt für verpönt. Spielt aber der Zufall mit, ergeben sich unerwartete Erkenntnisse. Man kriegt einen jähen Vergleich serviert, ohne den überhaupt keine Erkenntnis möglich ist. Weiterlesen
Zunehmende Kultiviertheit bedeutet, dass man immer wählerischer wird. Ein klarer Fortschritt im Vergleich zum rohen Naturzustand von ehemals. Kultivierte benehmen sich auch gerne herablassend gegenüber Hemdsärmeligen. Dazu besteht kein Grund. Wer kultivierter, sprich wählerischer lebt, verträgt rasche Umweltveränderungen schlechter als robuste Naturen. So wird man zu einer Orchidee im Wind der Evolution.
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Der Lehrermangel hat sicherlich verschiedene Gründe, aber nicht alle sind im Gespräch. Zum Beispiel der Zusammenzwang. Damit meine ich die Erwartung, dass die Schule regelmässig in der Öffentlichkeit als Einheit auftreten soll. Das erfordert ständige Teamarbeit, wie von Reformern dringend gewünscht, und somit Ablenkung von einem Kerngeschäft, das anspruchsvoll geworden ist.
Eine Generation zeigt selten Verständnis für die Altersgruppen, in die sie zeitlich gefügt steckt wie ein Verzehrgut zwischen zwei Sandwichbroten. Über diesen Missstand lässt sich leicht den Kopf zerbrechen, er hält sich hartnäckig. Seit je. Dieses Unverständnis unter Generationen mag uns Einzelne entmutigen, das Leben selbst scheint es zu wollen.
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Bob Dylan hat den Literaturnobelpreis zugesprochen bekommen. Warum nicht Till Lindemann von den Rammstein? Zu provokant, möchte man beanstanden. Dieser Einwand bleibt an der Oberfläche, so nachvollziehbar er scheinen mag. Lindemanns Lyrik reizt einen Nerv, der aus der Öffentlichkeit hart verdrängt wird. Umso mehr wird er von Tausenden geteilt. Europaweit. Weltweit. Seit Jahren.
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Christliche Selbstliebe klingt nach einem Widerspruch. Alles dreht sich doch um Nächstenliebe. Dabei stellt der Grundsatz «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst» klar, dass die Selbstliebe der Nächstenliebe vorangeht, sie sogar begründet. Daher kann durchaus von einer christlichen Selbstliebe die Rede sein. Dieser Ratschlag für ein gutes Leben unter Menschen hat aber seine Tücken. Auch hat er mit Problemen biblischer Übersetzung zu tun. Seine alternative Übernahme aus anderen Grundtexten wäre um Einiges hilfreicher für uns.
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Ein Fleck ist peinlich. Wird jemand darauf aufmerksam gemacht, beginnt ein hektisches Gereibe. Mit Einsatz von Spucke. Interessanter wird diese Angelegenheit, wenn vom Schönheitsfleck die Rede ist. Oder vom Knutschfleck. Weiterlesen
Für Erasmus entsteht Krieg aus Krieg. Dabei geht den meisten Kriegen ein Friede voraus. Krieg entsteht also aus Frieden. Wie soll das gehen? Dem Frieden haftet tatsächlich eine Tragik an, die zu Krieg führt. Aber Frieden verhüten kann niemand wollen. Weiterlesen
Im Lehrberuf bin ich ein Quotenmann. Damit lässt sich gut herumwitzeln. Die peinliche Scham, dass ich womöglich bloss wegen meines Geschlechts die Auslese bestand, sollte mir zu denken geben. Wer dafür hält, dass in Führungsgremien Frauen vertreten sein sollen, muss andere Überzeugungen aufgeben, die ihm oder ihr am Herzen liegen. Andernfalls besteht ein Widerspruch, der die Politik für eine solche Quote angreifbar macht. Weiterlesen
Wer über Sinn oder Sinnlosigkeit des Lebens nachsinnt, denkt sozusagen im Leerlauf. Das Leben liegt jenseits davon. Sinn oder Sinnlosigkeit also: Weder das eine noch das andere macht Sinn. Das lässt sich sachlich herleiten. Bedauerlich für die, die sich in einem Sinn des Lebens sonnen, jedoch ein Glück für jene, die die angebliche Sinnlosigkeit des Lebens herunterzieht. Für beide gibt es gute Nachrichten. Weiterlesen
Den Namen des Ortes unterschlage ich. Es könnte eine Klage drohen. Genauso wie die Organisation hier sich systematisch gegen Klagen absichert, mit denen von allen Seiten zu rechnen ist. Liberalisierung klingt nach freundlicher Entspannung, wenn sie gesellschaftlich gemeint ist. Hier aber kommt sie in ihrer wirtschaftlichen Rolle daher. Das bedeutet Anspannung. Mittlerweile sollte man von einer Volkskrankheit sprechen.
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Für Fachunkundige: Ein INS-Kind ist ein Kind, das in die Regelschule einbezogen bleibt, trotz seiner Mühen, die beträchlich sind. Es wird also nicht in Kleinklassen abgesondert. In Augen der akademischen Tagespresse wie NZZ und Tages Anzeiger gilt diese Reform für gescheitert. Hier ein Beitrag aus der Praxis zur Stärkung dieser Ansicht. Weiterlesen
für Oscar Albin
Der altmodische Ausdruck Patina meint einen dünnen Auftrag auf Dingen wie Grünspan oder Firnisse. Genauso legen sich unsere Vorurteile auf das, was wir Umwelt nennen. Wenn Philosophie nützlich sein soll, dann dient sie als ein Putzmittel, diese hauchdünnen Schichten mit wenigen Argumenten abzuwaschen, damit der Sachverhalt darunter neu erstrahlt. So ging es mir mit Beethoven.
Das Meiste von dem, was wir von uns geben, wenn wir fremdes Verhalten beurteilen, sind blanke Unterstellungen. Wir massen uns an, das intime Leben einer anderen Person mit seinen Motiven und Strategien genaustens zu durchschauen. Dabei verhält es sich wie bei Schrödingers Katze: Wir müssten diese Intimität knacken, um die Bestätigung zu bekommen, wie es bei Schrödingers Gedankenexperiment auch vorgesehen wäre. Aber das gelingt selbst in engsten Bindungen kaum, wo man sogar trotz geteilter Intimität unerkannt leben kann.
Sich entspannen ist das Beste, was man tun kann, wenn Corona wütet, Energieenpässe drohen oder das Klima aus dem Ruder läuft. Aber wie macht man das? Unter solchen Bedingungen? Weiterlesen
Jede sexuelle Orientierung hat mit dem gleichen Leben zu tun. Genau wie ich. Einerlei, wie diese Orientierung aus dem Leben hervorgeht, ob aus persönlicher Entscheidung, ob therapeutisch gut begründet oder einfach als Lebensstil, ich interessiere mich dafür. Es sind Lebensformen, die ich abstrichlos anerkenne. Hier stehe ich, nein hier sitze ich und kann nicht anders. Wenn jedoch Dragqueens Kindern im Vorschulalter Märchen vorlesen, kommt mir das sehr angestrengt vor. Ich kritisiere unabhängig dieser Personen eine hemdsärmelig naive Bildungsmethode, bei der man zudem diplomatisch ungeschickt vorgeht.
Noch einmal: Wenn wir im Alltag Fremdverhalten beurteilen, handelt es sich zuallermeist um blanke Unterstellungen. Weiterlesen
Erzieher sind zu bemitleiden. Wie sollen sie ihren Schutzbefohlenen Vertrauen schenken? Die Frage verweist auf die Antwort: Sie sollen sie ihnen schenken. Immer wieder. Aber eben: Wie macht man das? Weiterlesen
Konflikte sind schwer zu durchschauen. Wie eben der Ukraine Krieg. In diesem Wust von Propaganda und Theorien entgeht uns völlig, wie einfach solche Konflikte zu verstehen wären. Vielleicht verraten Streitfälle im Kleinformat, was es mit dieser Einfachheit auf sich hat. Wie etwa der beinahe Streit unter zwei Müttern von Schulkindern.
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Weg mit diesem Techno-Zeug! So ein Elter zu seinem oder ihrem Kind mit Bildschirm. Diese Ignoranz erinnert an das neuzeitliche Unverständnis, das man Leuten entgegenbrachte, die in Bücher starrten wie auf ein Stück Holz. Damals wie heute gilt: Von Aufklärung keine Spur. Nehmen wir an, das Kind spielte gerade Woodoku, mein neustes Vergnügen für Zwischendurch. Da lohnt sich ein genauer Blick, statt Abwehr aus Abstand.
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Leben verzweigt sich. Es greift Raum. Diese Gangart wird ebenso an der Spaltung ganzer Kulturen deutlich, seien es Stämme, Religionen oder sonstige Strömungen. Verfeindet ziehen sie ihrer Wege. Diese Spaltungen verlaufen selten konfliktfrei. Da geht es um Verrat, um Schuld und Versagen. Verästelung als Gangart des Lebens bietet uns eine Lesart, die uns von dieser Schmach entlastet.
Der Jugend geht es schlecht. Da gibt es wohl manche Ursachen. Corona zum Beispiel. Mit dieser handlichen Begründung lässt sich ein Missstand abfedern, der im Grunde einer Gesellschaft den Bankrott erklärt. Denn wer die Jugend verheizt, hat wenig von irgendeiner Zukunft zu erwarten. Sicherlich gibt es Weiteres punkto Ursachen zu bedenken. Zum Beispiel die Praxis der Scheinselbständigkeit, die wir den jungen Menschen zumuten.
Wie heisst es schon wieder richtig? Politische Korrektheit erfordert eine besondere Sachkenntnis. Einmal mehr bekommt die Mehrheit von einer Minderheit eine bessere Welt verschrieben. Die Wortwahl bleibt keineswegs dem persönlichen Gutdünken überlassen. Dies zu beanstanden muss man kein Populist sein. Demokrat genügt. Immerhin wird in dieser Sache ein gesellschaftlicher Druck ausgeübt, der von keinem Mehrheitsentscheid beglaubigt wird.
Wenn sich in einer Gesellschaft Schichten ausbilden, halten wir das für ungerecht. Früher fand man sich damit ab: Die Reichen und die Armen, diese Prekären, zu denen der Mittelstand absinkt. Folglich wird Schichtbildung als rückständig erachtet. Die Aufklärung, die für Gerechtigkeit für alle einsteht, versagt immer wieder. Das kann einen zusetzen. Bevor man sich selbst aber gleich aufgibt, sollte man bedenken, dass Schichtbildung immerhin natürlich ist. Weiterlesen
Ursachen zum Lehrermangel sind vielfältig. Unter anderem bestehen im heutigen Bildungssystem markante Widersprüche. Sich diesen zu beugen, kann für Lehrkräfte schambehaftet sein. Einer dieser Widersprüche betrifft den Umgang mit Metakognition als unabdingbarer Voraussetzung zu Selbständigkeit.
Die Frage, wie wir uns aus Zwängen lösen, beschäftigt uns Menschen grundsätzlich. Sehr oft stehen uns dafür überzogene Erwartungen im Weg, die wir ans Leben stellen. Die Veränderungen, die dazu nötig wären, bedingen viel Aufwand und eine hohe Disziplin, an der viele scheitern. Die erste Einsicht wäre die, dass wir unsere Erwartungen einfach herunterschrauben. Das wäre die handlichste Massnahme, sie gelingt aber kaum. Ein anderer Weg, Freiräume zu erlangen, besteht darin, die Sachlage, die uns zusetzt, anders zu deuten. Dazu diese Fingerübung.
Hitzesommer. Wohin mit sich? In dieser Hitze? Wohin mit diesem grandiosen Appetit? Nicht nur auf Eis. Auch auf Menschen. Lust, Begehren, Begierde. Ein schwieriges Verhalten? Ein Stück Natur. Mehr nicht. Diese Einsicht verkommt hier zur Binsenwahrheit. Sie ist also nutzlos, da allzu offensichtlich. Nimm Abstand und blicke neu hin, damit diese simple Einsicht Nutzen abwirft.
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Die Idee, mit dem Panoramazug die Berge zu durchgondeln, überkam mich spontan. Sie ist etwas altbacken. Zwar bekam ich zu sehen, was das Angebot versprach. Hautnah jedoch erlebte ich die New Economy mit ihrem klinischen Charme. Weiterlesen
Fortschritt und Wohlstand laufen auf mehr Schmerzfreiheit hinaus. Das bedeutet aber auch mehr Wehleidigkeit.
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In Reaktion auf die Zustimmung des Moskauer Patriarchen zum Krieg in der Ukraine 2022.
Allein bin ich zur Welt gekommen, allein werde ich sterben. Allein, das heisst: Eins mit dem All. Zwischen Geburt und Tod liegt mein Leben. Keines sonst. Demnach geniesse ich wie alle Lebewesen einen bevorzugten Zugang zum Kosmos. Diesen intimen Zugang jedoch habe ich weder gewählt, noch mir zugespielt. Weiterlesen
Einmal mehr gerät die Geisteswissenschaft unter Beschuss. Vielleicht sollte man dafür Verständnis aufbringen, schliesslich hat sie das Erfahrungswissen während Jahrhunderten geringeschätzt und klein gehalten. Das ändert nichts daran, dass sie heute gegenüber der Naturwissenschaft ungeahnte Vorzüge zu bieten hat.
Eine junge Schwedin fasst Tritt in der Pornoszene Hollywoods. Die überreizte Szenerie verspricht Leckerbissen für Aug und Ohr. Immerhin spielen echte Darsteller mit. So gesehen kommt man leidlich bis massvoll auf seine Kosten. Zum Glück. Stattdessen schwenkt der Film unerwartet auf einen Tiefgang, der uns mitten in das Leben zieht, wie es sich überall abspielt. Weiterlesen
Das Mädchen deutet an den Nachthimmel, und es möchte wissen, ob es Blinksterne gebe. Weiterlesen
Die Schule zeigt sich von ihrer angeblich besten Seite: Musical, Zirkus, Workshops für Gross und Klein. Eine Öffentlichkeitsarbeit wird dargeboten, die das enorme Kerngeschäft zusätzlich belastet. Wo man originellerweise Bratwürste ausgibt, liegt ein Stück Brot am Boden. Völlig ausgehöhlt, nur die Rinde liegt noch da als unversehrter Ring. Man ärgert sich darüber. Missratene Kinder, einmal mehr. Ich schmunzle.
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Für Ramona
Generationen gewähren einander selten Einblick in ihre ungeschminkte Eigenart. Offenbar ist der Unterschied wichtiger als die Gemeinsamkeit. Da muss man schon in eine Geburtstagsfeier geraten, wo man an Vermischung Freude hat. Weiterlesen
Ideologie macht blind, sicher aber kurzsichtig. Wer sein Weltbild verbissen aufrechterhält, steckt irgendwann in einer Art Kokon fest, der ihn von einem Leben abschottet, das ohne Rücksicht darauf eigentlich nur Veränderung kennt. Weiterlesen
Wer ein halbes Leben lang gegen eine Tür anrennt, die partout verschlossen bleibt, versinkt natürlicherweise in Selbstzweifel. Die Moderne rechnet uns eine persönliche Souveränität zu, die nur Erfolg oder Scheitern in Aussicht stellt. Im Falle dauernden Misserfolgs
sollte man sich klar machen, dass da eine zähe Eigenart, vielleicht sogar eine Art Naturgesetz im Spiel ist. Denn das wissenschaftliche Weltbild der Moderne kennt Naturgesetze, jedoch keine Freiheit in diesem Sinne.
Meinungsvielfalt überfordert manche. Gerade Populisten haben damit Mühe, denen wiederum Reformer am liebsten einen Maulkorb verpasst sehen würden. Offensichtlich fällt es schwer, in Meinungsvielfalt ein Grundrecht zu erkennen, das hart errungen wurde. Schlimmer wird es, wenn die Meinung obendrein geändert wird. Ein Meinungswechsel bedeutet Stärke wie Schwäche zugleich.
In der Regel macht Philosophie einen Bogen um Themen wie Perversion. Der Grund: Sie sind ihr zu sachbezogen. Zu wenig allgemein. Nicht so der New Yorker Thomas Nagel. Wie zu erwarten verhandelt Nagel als Philosoph keine bestimmten Praktiken, um Perversion zu erläutern. Seine Überlegungen führen hingegen zu der Einsicht, dass die durchschnittliche Sexualität, wie sie in nordatlantischen Breitengraden gelebt wird, selbst pervers ist.
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Wer den Anspruch erhebt, aufgeklärt zu sein, dem schwebt ein faires Urteil vor in allen Belangen. Also kann ich nicht Ukraine-Versteher sein oder Putin-Versteher. Beides muss ich sein. Und nur beides. Weiterlesen
Jemand bereut einen Hauskauf, eine Ehe, ein Kind. Dinge, von denen man sich nur trennt, wenn man sein Leben moralisch ernsthaft beschädigt. Reue in dieser Grössenordnung bedeutet eine besondere Form der Marter. Bevor man jedoch darin versinkt, sollte man in dieser Angelegenheit Möglichkeiten für etwas mehr Selbstwertschätzung beachten. Weiterlesen
Kinder leben im Morgen. Wir nicht. Weiterlesen
Einer beim Bier lässt sich über die Blödheit von Tauben aus, die gerade unter den Tischen der Terrasse nach Brosamen picken. Das Urteil, etwas oder jemand sei einfach nur dumm, erweist sich meistens selbst als dumm, da zu wenig Information für ein Verdikt dieser Tragweite eingeholt wurde.
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my most precious liquid must never spill Norma Jane Mortenson
Es gibt Personen, die bis ins Erwachsenenalter Geheimnisse von sich unter Verschluss halten. Für Intimpartner ist das schwer zu ertragen. Sie fühlen sich zurückgewiesen. Dabei übersehen sie die Tatsache, dass die Person, um die es geht, ihr Geheimnis grundsätzlich für sich behält. Statt Misstrauen wäre auch hier ein intimer Respekt gefragt. Was wäre das, wenn nicht Liebe? Aber wie kommt man dahin?
Evolutionäre Überlegenheit ist nie von Dauer. Zu rasch verändern sich die Umwelten, ganz besonders in der so genannten kulturellen Evolution, wo es um Sprache, um Zeichen und Regeln, um Moden, aber auch um künstlich gefertigte Gegenstände geht. Ein Beispiel, das mehr Bescheidenheit nahelegt, wenn man sich evolutionär überlegen fühlt, gibt die Arschtasche meiner neuen Winterjacke. Weiterlesen
Ein Flüchtling hält Lesungen zu Texten über die Heimatlosigkeit, die ihm aufgezwungen wurde. Das Schweizer Publikum zeigt sich betroffen und verschreckt ob der Vorstellung, uns würden wie ihm die Wurzeln gekappt. Von diesem Leid habe auch ich keinen Begriff. Das verpflichtet mich zu Respekt. Dennoch fällt mir an diesem Menschen eine merkwürdige Sturheit auf. Weiterlesen
Die Stadt der Gottesmutter am Schwarzen Meer hat ihre Ikone bekommen: Es ist die hochschwangere Ukrainierin, die unter russischem Beschuss starb und ihr Kind mit ihr. Das Bild geht derzeit um die Welt. Ihr Daumen blieb mir im Gedächtnis haften, als ich halbbewusst und mit Süssspeisen beschäftigt die Nachrichten verfolgte. Zunächst verstand ich den Grund nicht, warum mir dieses Bild im Sinn blieb. Erst später erfasste ich die ikonografische Wirkung, die von diesem Finger ausgeht.
Und ich hörte auf mit Essen.
Denn Mütter mit langen, gepflegten Nägeln spreizen die Finger ab, wenn sie den Kopf eines Kleinkindes halten, damit es nicht gekratzt wird. Wie die Ukrainerin ihre Linke an den entblössten Unterleib legt, hält sie alle Finger abgespreizt, bis der Daumen kurze Zeit im Bild verbleibt, der Bewegung wegen, die daher rührt, dass die Frau auf einer Bahre in Sicherheit gebracht wird. Da wird mir klar: Der Kopf des Kindes muss sich genau dort befinden, denn die Frau stand vor der Entbindung. Vielleicht war es, kurz vor Einschlag der Granaten, endlich geglückt, das Kind für die Geburt im Bauch zu wenden.
Nun legt die Frau ihre Hand so an den Bauch, als hielte sie den Kopf ihres Kindes bereits in Händen.
Ein winziges Licht. In dieser totalen Vernichtung.
Aber ein Licht.
Auch die Sonne ist bloss ein Lichtkorn in der gewaltigen Düsternis des Alls. Die Mutter beschützt ihr Kind vor ihren Fingernägeln, obwohl es sich noch im Bauch befindet. Sie selbst ist tödlich verwundet. Unmittelbar neben dieser achtsamen Hand klafft eine Fleischwunde, die wohl ein Splitter in den Oberschenkel riss.
…..
Über die blosse Beschreibung dieses Bildes gelange ich nicht hinaus. Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Vielleicht einfach dies: Eine Ikone soll das Gemüt verfeinern, wenn man sie auf sich wirken lässt. Haltung und feinsinnige Einzelheiten wie eben ein abgespreizter Daumen dürften dabei grundlegend sein. Der Zweck liegt darin, dass sich diese Wirkung auf den sozialen Umgang mit anderen überträgt. Diese Ikone mag diese Wirkung haben. Sie soll es. Daher sei sie allen Slawen gewidmet.
Also auch den Russen.
Eigentlich überhaupt uns Menschen.
Es herrscht Lehrermangel. Die Erklärung: Übermässig viele Pensionierungen treffen auf übermässig starke Geburtenjahrgänge. Aber die Sache greift tiefer.
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Seitdem die Massnahmen vom Tisch sind, trifft man wieder auf Menschen mit vollständig enthüllten Gesichtern. Die Masken fallen. Im Kino oder beim Einkaufen dünken mich die Gesichter besonders nackt. Ich bilde mir sogar ein, es knistere leicht zwischen den Menschen.
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Was ist eigentlich Geist genau? Da gibt es verschiedene Antworten. Eine ist mir während der Pandemie aufgegangen. Und auch jetzt beim Krieg in der Ukraine. Dieser Ansatz ist aber eher anstrengend. Denn es geht darum, dass man verschiedene Narrative in Gedanken austauscht, also Geschichten, die in diesem Fall Missstände wie die Seuche oder diesen Krieg erklären. Die Sicht auf die Welt kippt dadurch von einem Extrem ins andere und wieder zurück. Das ist Geistarbeit.
Für Steven Kaiser und Freunde
Psychonauten erforschen ihr Inneres. Mit Selbstfindung hat das allerdings nichts zu tun. Wer darin Erfahrung hat, bestätigt mühelos, dass während dieser wunderbaren Irrfahrten in intimsten Ozeanen gar nichts Persönliches, rein gar nichts Individuelles zu finden ist. Dafür Allgemeines. Nämlich pure Natur. An sich selbst. Durch sich selbst. Mitten im Vollzug. Das wirft die Frage auf, was es denn nun mit dem freien Willen auf sich hat.
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Was Tarkowski in Bildern vermittelt, dürfte genau das sein, was Putin bissig verteidigt. Nämlich so etwas wie das Herz russischer Kultur. Ihr innerstes Licht. Weiterlesen
Primaten sollen Menschenrechte zugesprochen bekommen. Damit bringen wir sie mit uns auf Augenhöhe. Eine wünschenswerte Neuerung zwar, aber sie verdeckt massive kulturelle Probleme, die uns betreffen, nicht die Tiere.
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In meiner unmittelbaren Nachbarschaft hat ein Begegnungsort namens Werkelei-11 eröffnet. Das Angebot addressiert sich an Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung. Also an alle. An das ganze Leben. Und zwar buchstäblich an das ganze Leben, wenn man dem geistreichen Wortspiel «Werkelei» nachsinnt, das obendrein wohltuende Selbstironie anklingen lässt. Weiterlesen
In Machthabern vermuten wir Menschen, die aus blanker Souveränität handeln. Als verfügten sie über endlose Reserven. Vielleicht überschätzen wir sie, damit wir wachsam bleiben. Wäre Putin jedoch eine Matrjoschka, was genau spränge als sein Innerstes zuletzt heraus? In seinem Fall müsste man eigentlich von einer Patrjoschka sprechen, sofern es das gäbe. Wer also könnte das sein?
Die Krise wird nachhallen. In vielerlei Hinsicht. Sofern sie denn tatsächlich ausgestanden ist. Zum Beispiel beschäftigt es mich weiterhin, wie man mit Personen umgeht, die abweichende Meinungen vertreten. Auch wenn ich ihre Ansichten unter Umständen ablehne, halte ich sie deshalb nicht für krank oder spinnig im Kopf. Diese Abwehr verrät mehr von der intimen Ökonomie der Person, die so urteilt, als von den Menschen, die sie sich damit vom Leibe hält.
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Sogar in einem Taxi erwartet dich völlig unerwartet ein Stück Welt. Unverhofft, wie so oft. Etwa wenn der Fahrer einer Religion angehört, die ich für ausgestorben hielt. Eine fremde Welt, mag sein. Sie gehört jedoch mit zu dem Planeten, den wir alle bewohnen.
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Gerade jetzt, wo bei mir eine Leidenschaft für alternative Theorien heranreift, stellt die Regierung die baldige Aufhebung lästiger Massnahmen in Aussicht. Damit wird der Streit im Volk verrauchen, doch die Frage, wie wir miteinander umgehen, stellt sich weiterhin. Auch überlege ich mir, wie ich mit dem schlimmstmöglichen Fall umginge, sofern dieser denn einträte, wie er alternativ zu Corona verlautet wird. In beiden Fällen hängt der Friede davon ab, ob wir Natur und Mensch getrennt sehen oder als Einheit. Weiterlesen
Letzte Woche gedachte man der Befreiung von Ausschwitz zum 77sten Mal. Die Leugnung des Holocaust sprich der Shoa spielt auch eine Rolle in alternativen Corona-Theorien, die ein Weltjudentum am Werk sehen. Leugnen lässt sich dieses Ereignis sehr wohl, wie alles, was Tatsache ist. Zu seiner Belegung ist keine einzige Opferaussage nötig, so leid es mir tut. Die Täter selbst sorgen dafür.
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