Horrorfilme bringen mich nur noch zum Schmunzeln, sobald Monster angreifen. Denn als man ihr Verhalten designte, hat sich ein Fehler eingeschlichen. Dieser Fehler greift tief in die Märchengeschichte zurück. Seither kann ich den monströsen Schrecken leider nicht mehr ernst nehmen.
In Klassikern dieses Genres greifen Monster gerne an, indem sie die Zähne fletschen und die Krallen ausfahren und aus Körpertiefen fauchen und brüllen. Solche Filme meine ich hier. Werke, die auf surreale Verfremdung setzen, etwa wenn ein Clown Kinder terrorisiert oder Kuscheltiere übergriffig werden oder eine süsse Puppe ein Blutbad anrichtet, sind hier ausgeklammert. Fauchen, fletschen, brülllen, kratzen. Dieses monströse Verhalten kennen wir von Raubtieren. Ein Fuchs, der beim Reissen ertappt wird, bleckt sein blutiges Gebiss. Aus Sicht der Tierhalter, die eingreifen, verschmelzen der Riss der Opfer und das Blecken des Täters zu einer einzigen Aggression. Auch Schlangen zeigen dieses monströse Verhalten, Katzen, Gorillas. Vergleicht man die Situationen, in denen diese Monströsität an den Tag gebracht wird, dann fällt mühelos auf, dass es dabei in keinem Fall um Angriff geht. Im Gegenteil:
Tiere fletschen, fauchen, brüllen nur dann, wenn sie sich in die Enge gerdrängt sehen.
Das monströse Verhalten dient der Verteidigung, nicht dem Angriff. Selbst wenn sie zum finalen Sprung ansetzen, verziehen Jäger keine Miene. Auch geben sie keinen Ton von sich. Beides wäre Verschwendung von Energie, die für den Riss nötig ist, sollte er nicht auf Anhieb gelingen.
Dieses Verhalten verstehen wir als Reflex, der uns besonders dann als irrational ängstigt, wenn Menschen in dieser Art sich benehmen: Blitzende Augen, die Stirn in Falten gelegt, die Brauen zur Nase verengt. Eine Stimme, die sich überschlägt. Das mag auf Menschen zutreffen, wenn sie Impulse dieser Art nur schlecht beherrschen. Im Tierreich jedoch ist dieses monströse Verhalten keineswegs irrational.
Sondern ökonomisch.
Das Tier, das sich verteidigt, führt dem Angreifer die Möglichkeiten vor, die ihm zur Verfügung stehen, um ihn ernsthaft zu verletzen, sollte er seinen Angriff tatsächlich durchführen. Das Fletschen präsentiert das Beisswerkzeug, das Brüllen stellt einen kraftstrotzenden Körper vor, die Krallen schlagen zum Gesicht, damit klar gesehen wird, was zu erwarten ist. Das Tier unterbreitet dem Angreifer seine Mittel in einer sofortigen Auslegeordnung. Das monströse Verhalten findet also seinen Vergleich bei Menschen nicht in persönlicher Unbeherrschtheit, sondern dort, wo Staaten ihre Waffen öffentlich defilieren lassen, damit das einheimische Volk beruhigt wird und der mögliche Gegner, an den die Präsentation in erster Linie adressiert ist, genau in Rechnung stellt, womit er es zu tun bekommt, sollte er sich für einen Einmarsch entscheiden.
Horrorfilme lassen also Täter mit spektakulärem Verteidigungsverhalten auf Opfer los, die in Sachen Gewalt mittellos, also völlig wehrlos sind. Eine völlig unsinnige Situation, die mich nur noch zum Lachen bringt.
Die Sache liegt ja klar: In der Natur dient dieses monströse Verhalten der Aufklärung des Gegners, damit die Wahrscheinlichkeit zum Kampf verringert wird. In Horrorfilmen soll es uns erschrecken. Zur Unterhaltung. Und dagegen spricht eigentlich nichts. Oder wenig.
Voltaire meinte, beim Verfassen einer Rede oder eines Textes sei alles zulässig.
Bloss nicht Langweile.
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