Menschen im öffentlichen Verkehr: Ich sehe jemand ganz fein dirigieren. Eine Frau mit Tablet flüstert vor sich hin. Ich lausche, ohne etwas zu verstehen. Aber das ist auch unwesentlich. Ihr Lispeln entzückt mich an sich.
Ob jemand Selbstgespräche führt, lässt sich nicht mehr ausmachen, seitdem Kopfhörer mit Mikrofonen gängig sind. Kinder führen Selbstgespräche, Einsame, Alte. Auch für Hirngesunde sind sie wichtig, für so genannt Neurotypische. Ich kenne Mitarbeiter, die schamlos mit sich selbst reden. Sie orientieren sich im Minutentakt.
Ich stelle mir vor, wie jemand sich etwas vom Herzen reden möchte, allerdings ohne andere zu behelligen, die wir alle Dinge verarbeiten und mehrfach wiederkäuen. Also setzt er sich Kopfhörer mit Mikrofon auf und redet von der Leber weg. Von Vorteil ist, wenn er sich dabei bewegt, denn so wird man Zeuge nur von Bruchstücken seines Redens.
Mag sein, dass diese Schamlosigkeit immer noch verhalten ist. Deshalb stelle ich mir Neurotypische vor, die diesem Überschuss an Energie Ausdruck geben, wie ihre Geschwister Asperger, Boderliner, Savant, Autist oder Bipolarer, während sie nach innen horchen, Filme sehen, gamen, Musik hören, Neurolinguistisch programmieren oder umprogrammieren, Suggestopädie betreiben oder gedankliches Fein-Yoga bei minimalem Körperausdruck mit Händen, Kopf, Gesicht, stimmlich, mimisch, sprachlich.
Ein Schnurspiel mit Fingern wäre der beispielhafte Typ für diese scheinbar zwecklose Tätigkeit bei gleitender Fahrt.
Sie alle spinnen Sinn.
Vor sich hin.
Spiders sind sie alle (D. Cronenberg). Wir haben eine Sonne im Kopf, mit Wärmehaushalt, von Natur eingerichtet.
Diese Regungen während einer Zugfahrt belegen eine beispiellose Selbstbeherrschung, die über Jahrhunderte mit Druck und Lohn anerzogen wurde. Bis jemand diesen Überschuss selber im Zaun hält, muss man ihn mit Gewalt bedrohen.
Oder mit Isolation.
Also mit seiner Vernichtung. Das spricht für die hohe Dringlichkeit der Sache.
Verhaltensweisen, die früher kurios anmuteten, treten ins Licht. Was wir für Überschuss halten, bemisst sich daran, dass ein bloss instinktiver Fortbestand der Art besser wäre, als dieses sinnhafte Dauernachdenken.
Dieses unermüdliche Sinn-Weben, wie es Kinder tagein tagaus betreiben. Für ihre Hirngesundheit.
Als durchschauten wir völlig, was es mit dem Leben auf sich hat. Vielleicht ist das gar kein Überschuss.
Vielleicht hängt es mit einer Zielsetzung des Lebens zusammen, die wir nicht sehen.
Noch nicht.
Vielleicht.
Kommentar verfassen