Claude Lévi-Strauss, dieser Freund des Menschen, hat sich erst spät der Kultur Japans gewidmet. Ihre Andersartigkeit wirft Klarheit auf uns westlich Zivilisierte. Und wir verdanken Lévi-Strauss deren Vermittlung:

In Japan wird das Öhr zum Faden geführt, ein Pferd von links statt von rechts aufgesessen, die Töpferscheibe im Uhrzeigersinn vom linken Fuss in Drehung versetzt. Der Handwerker führt Säge und Hobel zu sich heran statt von sich weg. Scherben werden mit Gold geklebt, was den Gegenstand schöner macht und wertvoller als zuvor.

Der Affe steht für keinen Sündenfall, sondern meint den Abstieg der Götter zu den Menschen. Arbeit bedeutet nicht Einwirkung auf Stoffe, sondern die Verwirklichung eines intimen Verhältnisses zwischen Mensch und Natur.

Ein Erdbeben zerstört die Welt nicht, es erneuere sie.

Fremdartiges will gezähmt sein, nicht angepasst. Stoff und Geist gelten wie bei uns in cartesischer Tradition für getrennt, aber in sensibler und ästhetischer Weise. Seinem Spieltrieb verdankt Japan die langjährige Vorrangstellung in Kleinelektronik.

Dies alles mögen reizvolle Kenntnisse sein. Zu denken gab mir Folgendes: Das Ich, so Lévi-Strauss, werde in Japan als zeitlich beschränkte Bündelung natürlicher wie kultureller Prozesse erachtet. Das Ich ist also nicht Urheber der Dinge, wie wir es sehen, sondern ein Ergebnis davon.

Das nimmt von ihm jede Schuld, wenn man es genau nimmt.

Wir benötigen die Urheberschaft des Ichs, um es haftbar zu machen. Wie soll das gehen, wenn es nur Ergebnis ist? Wie wäre im äussersten Fall eine Todesstrafe, wie sie in Japan in Kraft ist, so zu rechtfertigen?

In Japan gilt Depression daher nicht als Scheitern eines tapsigen Urhebers.

Sie ist bloss Schnupfen der Seele.