Das Bologna-System gehört zu den Gütern, die aus Europa importiert sind. Die Unterschrift erfolgte unter Gruppendruck, wie nachzulesen ist. Der Rest verlief verfassungsgemäss.

Meine Ablehnung greift tief. So bin ich nachgerade gezwungen, nach den Vorzügen zu suchen, wenn ich intellektuell redlich bleiben möchte. Zahlreiche Gespräche habe ich darüber geführt, nie zeigte sich jemand über meine Haltung entsetzt. Bei Dozenten, die dieses System praktisch befolgen, erahnt man ein positives Schulterzucken, dass alles durchreguliert und mit Punkten versehen ist. Diese Halbherzigkeit hat schon ihre Gründe. Immerhin ist es ausser Mode gekommen, dass man die Dinge im Brustton seiner Überzeugung vertritt. Das wirkt heute äffisch, in der Tat. Für Nietzsche, dem Schutzpatron der Postmoderne, sind Überzeugung und Lüge gleichwertig.

Doch wo bleibt eine sachliche Apologie ‚Bolognas‘? Da muss ich wohl selber dazu anstimmen: Das System Bologna steht meines Erachtens für die Verlagerung gesellschaftlicher Druckverhältnisse in die Struktur. Oder: Die Strukturen sind so gestaltet, dass sie die zwischenmenschliche Autorität als Druckmittel ersetzen. Vielleicht passt diese These auf die gesamte Bürokratie der Europäischen Union.

‚Bologna‘ ist durchwegs antifaschistisch. Man müsste dies als Fortschritt würdigen. Wenn nun jemand das System persönlich verteidigte, wäre die sachliche Autorität ‚Bolognas‘ wieder in Frage gestellt. Umgekehrt aber gilt es einzusehen, dass diese schulterzuckende Enthaltsamkeit im Urteil bei manchen Absolventen als Heuchelei ankommt.