Die Lage spitzt sich zu. Gegner von Coronamassnahmen und ihre Befürworter sind zunehmend zerstritten. Sollte ein Friedensvertrag möglich sein, muss er wie üblich bei Verträgen auf einer gemeinsamen Grundlage abstützen. Die gibt es. Wider Erwarten. Aus meiner Sicht lässt sich auch nicht darüber hinwegsehen.
Ehen gehen zu Bruch, Familien suchen Abstand zueinander, Freundschaften kühlen ab. Befürworter der Coronamassnahmen bezeichnen ihre Gegner als Covidioten. Diese wiederum halten sie für Schläfer oder Lämmer. Ohne Mut zu selbständigem Denken. Beide Bezeichnungen sind beschämend für eine Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, aufgeklärt zu sein.
Hüte dich vor Leuten, die sich für erwacht halten. Und vor solchen, die meinen, vernünftiger zu sein als andere.
Wir alle sind Menschen mit bestimmten Anliegen und Interessen, die wir nur bedingt uns aussuchen. Diese Anliegen sind verschieden, zum Teil sogar gegenläufig.
Aber sie haben mit der gleichen Welt zu tun.
Und mit Menschen. Wie wir alle es sind.
Manche zeigen Unverständnis, dass ich mich mit alternativen Theorien zu Corona beschäftige. Bei näherem Hinhören wird klar, dass bei diesen Leuten die Alltagsökonomie enormer Belastung ausgesetzt ist. Man muss auch nicht gleich mit Blutritualen und Echsenmenschen aufwarten. Der Kopp-Verlag veröffentlicht auf Neujahr 45 neue Titel mit alternativen Theorien zu Corona. Das ist eine beachtliche Menge, auch wenn der Verlag einschlägig bekannt ist. Die Autoren sind keineswegs Esoteriker, Reichsdeutsche oder selbsternannte Propheten, sondern Journalisten, Fachanwälte, Biologen, Osteopathen, Psychotherapeuten, Sozial- und Umweltmediziner, Staatsrechtswissenschaftler, Soziologen, Theologen, Ökonomen. Fachleute also, bei denen zu erwarten wäre, dass sie sich sachlich mit ihrer Thematik auseinandersetzen.
Genau wie jene, die ihre Wissenschaft linientreu einsetzen. Also entsprechend öffentlichen Verlautbarungen zu Corona.
Aber auch Wissenschaftler sind Menschen mit politischer und moralischer Überzeugung.
Auf beiden Seiten.
Massnahmengegner teilen immenses Material zu alternativen Corona-Theorien. Dabei handelt es sich, soweit ich Bescheid weiss, weitgehend um Selbstzeugnisse, die die Massnahmengegner zu einer schlüssigen Wahrheit vernetzen. Jemand redet in die Kamera, erzählt von bestimmten Erfahrungen, präsentiert allenfalls verlinktes Bildmaterial. Selbstzeugnisse haben einen bestimmten Wahrheitsgehalt nur dann, wenn die Adressaten dieser Quelle Vertrauen schenken. Andernfalls ergeht es diesen Autoren wie biblischen Propheten, die niemand hören will. Wahrscheinlich aufgrund einer ähnlichen Alltagsökonomie, wie sie uns auferlegt ist. Zum Beispiel berichtet ein Ehepaar, die Armee hätte die Kinder längst befreit, die für die Züchtung von Adrenochrom weltweit in unterirdischen Verliessen gehalten worden seien. Wir sollten nun beruhigt sein und das Leben geniessen. Dann winken sie in die Kamera und sagen Tschüss.
Wie können sie erwarten, dass man ihnen einfach so glaubt?
Belege gibt es keine, hingegen Indizien zuhauf, indem auf zig weitere Selbstzeugnisse verwiesen wird, die übereinstimmen. Das sorgt für mehr Sicherheit, aber nicht für mehr Wahrheit. Früher hiess es einstimmig, die Gottesmutter habe ohne Verlust ihrer Jungfräulichkeit geboren. Diese Wahrheit galt unumstösslich, ohne jeden Beleg.
Befürworter von Corona-Massnahmen mögen sich dieser Sache überlegen fühlen. Jedoch sitzen sie im gleichen Boot. Was Infektiologen, Virologen, Politiker in Exekutiv-Funktion im Auftrag der Öffentlichkeit kundtun, entspricht vom Wahrheitsgehalt her einem Selbstzeugnis. Es sind bloss Aussagen, die eine Person in die Kamera oder ins Mikrofon spricht. Kein Beleg. Wie auch?
Denn selbst dann, wenn ich linientreue Sichtweisen teile, bin ich ausserstande, zu prüfen, was da öffentlich dargelegt wird. Das zeigt sich bei statistischen Angaben sehr deutlich:
Wir hören Zahlen und sollen sie glauben.
Einfach so.
Im Gegensatz zu den Selbstzeugnissen von Massnahmengegnern wird auf linientreuen Kanälen kaum argumentiert. Argumente jedoch können noch so schlüssig sein. Man kann sie spielend überhören, wenn Beleg und Vertrauen fehlen. Die gemeinsame Grundlage zum Friedensvertrag beruht auf Folgendem:
Wir haben Rechenschaft darüber abzulegen, warum wir die eine Seite für wahr halten und die andere für falsch.
Die Gründe für diese Wahl, so meine These, ob ich also öffentliche Verlautbarungen zu Corona Glauben schenke oder alternativen Theorien dazu, haben weder mit Selbstzeugnissen, noch mit Indizien oder stichhaltigen Argumenten zu tun.
Sondern mit unserem Leben, das wir bereits vor Corona geführt haben. Und dieses Leben ändert man nicht einfach so.
Wie auch.
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