In der Pandemie schlägt die Stunde der Skeptiker. Jemand verkündet eine Information zu Corona, er teilt sie mit anderen, heisst es, sei sie privaten oder offiziellen Ursprungs, Skeptiker hören das und rücken sie zurecht. Ihnen gehört das zweite Wort. Das lässt sie abgeklärt erscheinen, während die erste Person mit Blauäugigkeit geschlagen dasteht. Dieser Eindruck täuscht. Denn beide sitzen im genau gleichen Boot.
Keine einzige Verlautbarung rund um Corona ist beweiskräftig. Auch die offiziellen nicht. Der Umstand, dass immer mehr Leute bestimmte Überzeugungen teilen, macht diese kaum wahrer. Nur das Gefühl, sicher zu sein, nimmt zu. Das ist trügerisch. Es heisst, viele Puzzleteile kämen zusammen. Irgendwann zeigt sich ein Bild. Da es aber kein Puzzle ohne Vorlage gibt, muss jemand, der das Bild für beweiskräftig hält, das ihn auf einmal anlacht, darüber Rechenschaft ablegen, wie viele und vor allem welche Puzzles er ausliess, damit dieses Bild zustande kommt. Wer das Schloss Sargans als Puzzle legt, bekommt üblicherweise die nötige Vorlage dazu ausgehändigt sowie genau beschränkte Puzzleteile.
Das ist bei Corona nicht der Fall. Die Puzzleteile stehen beinah unbegrenzt zur Verfügung. Auch bringt jeder die Vorlage gleich selber mit.
Ein Tummelplatz für Skeptiker. Und wo immer eine Person ihre Zweifel fingermahnend ins Spiel bringt, damit diese Blauäugigkeit unter uns schön bezähmt bleibt, mag es sein, dass sie Argumente zu liefern hat, die für stichhaltig erscheinen oder für wasserdicht. Je nach dem teilt sie Hammerschläge aus. Zum Beispiel begründet jemand seine Impfunwilligkeit, indem er feine Schmutzpartikel beklagt, die in der Impfflüssigkeit aufgefunden wurden. Ein Skeptiker fährt dazwischen, mit dem Argument, auch Impfungen, die seit Jahren regulär verabreicht würden, seien derart verunreinigt.
Beide stützen sich auf Expertisen ab. Aber keiner von beiden ist in der Lage, diese Expertisen zu prüfen.
Die Gründe, warum sie die eine Expertise der anderen vorziehen, haben mit den Expertisen selbst nichts zu tun.
Sondern mit ihrem bisherigen Leben.
Eine Frau verweigert die Intimität mit ihrem Mann, nachdem er sich gegen Corona geimpft hat, der Nano-Partikel wegen, die angeblich von Person zu Person stäuben und so heimlich für eine Herdenimmunität sorgen. Nun ist er ausgezogen. Auch nach Jahrzehnten der Ehe.
Die Frau mag sich viel auf ihre Skepsis einbilden. Sie schenkt bloss einer anderen Quelle für Wahrheit ihren Glauben.
Mehr nicht.
Eine Skeptikerin vertraut einer anderen Grundlage als der Blauäugige. Aber sie vertraut ihr genau gleich blind wie er. Das wirft ein Licht auf die Lage mit Corona, denn selbst Fachleute sind sich uneinig. Die Leute verfolgen verschiedene Interessen, wenn sie einer Quelle blind vertrauen und Anhänger anzweifeln, die anderen Quellen blind vertrauen.
Beide jedoch haben klare Gründe für ihren Vorzug.
Aus Interesse, aus einem Anliegen heraus glauben wir bestimmte Fakten oder Überzeugungen und bekämpfen andere. Bei diesen klaren Gründen beginnt die beschädigte Gemeinsamkeit unter uns.
Denn sie haben immer mit der Welt zu tun, in der wir leben.
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