Wir möchten ewig leben. Dabei kriegen wir Unendlichkeit kaum zu begreifen. Wie so oft stehen uns dabei Gewohnheiten im Weg.

Mathematiker handhaben Unendlichkeit, als wäre sie die Selbstverständlichkeit  schlechthin. Es macht schon Eindruck, wie mühelos sie das tun, beinah verspielt. Das liegt daran, dass sie es längst aufgegeben haben, sich auch vorstellen zu wollen, was auf ihren Papieren abgeht. Geht es aber dereinst an ihr persönliches Sterben, so wird ihnen kein Papier und keine Formel und schon gar kein Beweis mehr zu Hilfe kommen. Wir hingegen wollen uns Unendlichkeit vorstellen können. Ansätze gäbe es ja. Für Energie etwa gilt der Erhaltungssatz. Auch bestehen wir aus Sternenmaterial, das seit Jahrmiliarden besteht und vielfältigste Formen durchläuft. Dennoch: Wie sollen wir Verhältnisse, die es schon immer gab und immer geben wird, gedanklich zu fassen bekommen? Die keinen Anfang kennen und kein Ende nehmen?

Wie sollten wir auch, da doch alles, was wir kennen, entsteht und vergeht.

Wie so oft hindern uns Dinge zu neuen Einsichten, die uns allzu selbstverständlich anhaften. Darin sehe ich eine wirkliche Aufgabe der Philosophie: Nämlich dass sie uns diese Selbstverständlichkeiten austreibt. Philosophie beginnt oder endet bekanntlich beim Staunen darüber, dass es überhaupt etwas gibt. Wenn man diesen Abstand zur Welt wirklich einnimmt, mag uns Unendlichkeit wie ein Grauen anmuten. Zeitgleich aber kommt uns die Einsicht abhanden, warum es umgekehrt selbstverständlich sein soll, dass Dinge entstehen und vergehen.

Der Umgang mit Unendlichkeit läuft über genau diesen Verlust. Warum soll eine Welt, in der Endlichkeit herrscht, begreifbar sein, eine Welt mit Unendlichkeit aber nicht?

Wie soll überhaupt eine Welt begreifbar sein?

Das Eine sind wir uns handfest gewohnt, das Andere nicht.

So viel zu unserer vielgerühmten Freiheit des Denkens.