Gewisse Dinge lassen sich einfach nicht aus der Welt schaffen. Völkermorde zum Beispiel. Nahezu jedes Volk hat ein anderes auf dem Gewissen. Darauf weiss niemand eine Entschuldigung. Gleichwohl bin ich daran interessiert, dass ich dieses Übel zu verstehen bekomme. Am Besten aus der Einheit des Lebens heraus. Denn Verstehen und Entschuldigen sind zweierlei.

Schweizer haben Frieden seit Jahrhunderten. Das ändert nichts daran, dass unsere Vorfahren das keltoromanische Gemisch massakrierte, das hier ansässig war, als sie, mutmasslich aus dem Raum Baltikum verdrängt, hierher kamen. Bei Primaten verhält sich das nicht anders. Durchkämmt eine Horde fremde Futtergründe, fallen die Einheimischen mit äusserster Brutalität über die Eindringlinge her, oder umgekehrt. Sie beissen Hoden ab, brechen den Jungen, denen sie habhaft werden, das Genick oder reissen ihnen die Köpfe ab, um sie dann als Beute zu teilen. Gorillas hämmern sich noch lange auf die Brust, selbst wenn sie sich ins Laub gesetzt haben, da die Sache erledigt wäre, durchwellt sie in Abständen wiederholt dieser Trieb, nur allmählich nimmt er ab. Wie ein gigantischer Rülpser, der sich anbahnt, ausbricht und verebbt.

Man fragt sich, ob eine derart entfesselte Gewalt tatsächlich vonnöten ist, oder ob taktische Vertreibung nicht ausreichen würde. Biologen kennen eine Antwort: Aggression ist gegen Sippengenossen auch im Tierreich trotz Streitigkeiten untersagt. Genau wie bei uns.

Diese Hemmung lässt Aggression aufstauen. Und so richtet sie sich umso brutaler gegen Fremde. Man könnte leicht auf die Idee kommen, in dieser Stauung sogar eine natürliche Funktion zu sehen. Zum Beispiel hochwirksame Abwehr einer fremden Gruppe.

Das zeigte sich, wenn auch nur spielerisch, aber nicht ohne Ernst, bei der Abschlussparty einer 6. Primarklasse. In einer Turnhalle gingen sie mit Schwimmnudeln aus Schaumstoff aufeinander los. Über Stunden prügelten sie aufeinander ein, Jungs wie Mädchen. Ganze Jahre der sittsamen Enthaltsamkeit untereinander entluden sich zur Freude aller. Diese Hemmung muss sich dann entsperren, wenn es ansteht, die eigene Gruppe aufs Bitterste zu verteidigen, wie etwa gegen Eindringlinge oder im Kriegsfall. Jedes Mittel zählt, die Gewalt entlädt sich übermässig.

Über solche Triebhaftigkeit finden wir uns Menschen erhaben.

Ein Irrglaube offensichtlich.