Corona hat eine neue Art von Tourismus hervorgebracht.
Dieser Tage braucht man sich nur in den öffentlichen Verkehr zu setzen, am besten am Wochenende im Umland städtischer Ballungszentren. Irgendwann öffnen sich die Türen und eine Flut von Freude ergiesst sich in den Wagen. Die Szenerie lädt zu einem Bade der besonderen Art: Leute in Festlaune, maskiert zwar, wie es sich gehört, aber von Herzen ausgelassen. Das wäre an sich nichts Besonderes. Gruppen, die überschäumen, sind von früher wohlvertraut, wenn die Agenda selbst an Wochenenden einen wahren Postenlauf zum Abhaken vorschreibt. Play hard! So lautet die Losung meritokratischer Freizeit. Diese Ausgelassenheit lässt eher Nervosität nachempfinden oder eine Art Hysterie, als denn eine Freude, die von Herzen kommt.
In diesem Moment nach den ersten Lockerungen jedoch ist garantiert, dass echte Freude verströmt.
So werde ich Tourist von echtem Glück. Vielleicht sollte ich beste Routen auskundschaften und zur Empfehlung ins Net stellen. Am liebsten hätte ich aus meinem Zugabteil heraus applaudiert. Irgendwann fallen jedoch Passanten auf, die in sich gekehrt bleiben. Trotz der Feststimmung, die aus allen Ritzen zu quillen scheint. Personen, die zwar guter Dinge, aber womöglich nur müde sind. Gleichwohl erinnern sie an Menschen, die im Verlaufe dieser Krise trotz Lockerung kaum Anlass zur Freude haben.
Die um ihre Existenz bangen.
Die geliebte Menschen verloren haben. Wie Emily Star.
Und wie ich diesen Gedanken nachvollziehe, fällt mir auf, dass die Festlaune nur gedämpft zum Ausdruck gebracht wird. Gefeiert wird eher verhalten.
Kein Gebrüll, kein Trompeten aus vollem Blech wie im Anschluss an ein Fussballspiel.
Als wagten die Leuten noch nicht die totale Freiheit auszukosten.
Als nähmen sie Rücksicht auf die Geschädigten der Krise.
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