Seit Kurzem gerate ich ins Grübeln, wenn ich mit der Gabel eng gepressten Thunfisch aus der Büchse schabe. Mir wird bewusst, dass ich eine intelligente Lebensform verspeise. Vegetarier jubilieren jedoch verfrüht. Auch sie müssen umlernen.
David Attenborough stellt nicht nur Tiere vor, sondern betont die natürlichen Zusammenhänge, in die sie eingebunden sind. Seine Dokumentationen sind von Ökologie durchdrungen. Dennoch verblüffen Verhaltensweisen einzelner Tierarten in ihrer Spezialisierung.
Zum Beispiel der Thunfisch. Die Tiere heften sich an die Fersen von Delphinen und gelangen so in Jagdgründe voller Fischschwärme. Zum Beispiel Makrelen. Knöpfen sie sich als Gruppe einen solchen Schwarm vor, wird er zuerst behutsam zur Wasseroberfläche geleitet, wo er Spielräume zum Ausweichen einbüsst. Die Jäger enthalten sich zuzubeissen, auch wenn sie der Hunger quält.
Triebaufschub ist keineswegs dem scheinbar kultivierten Menschen vorbehalten.
Denn Thunfische achten darauf, dass unter den Makrelen keine Panik ausbricht. Ihre Attacke erfolgt erst oben. Und die Jäger bilden eine Reihe wie vor einem Imbisstand. Wer das Maul voll hat, schwimmt nach hinten und stellt sich an. Einer um den anderen grasen sie den Schwarm ab wie Schnitter, die ihre Sense im harten Bogen in die Wiese schlagen.
Sollte ich also wie Vegetarier zu mehr Gemüse greifen? Da würde mich die gleiche Einsicht erwarten: Die Gewächse nehmen über einen Geruchsinn Informationen auf, der dem unsrigen überlegen ist. Bei Schädlingsbefall geben sie Düfte ab, mit denen sie ihre Feinde herbeirufen. Wurzelspitzen verarbeiten Daten wie Gehirne. In Zeitraffer lässt sich erkennen, wie sie im Wachstum tastend voranzüngeln. Und wie Fischschwärme, so sind auch Pflanzen untereinander intelligent vernetzt.
Wenn ich nun gerade mit Büchse und Gabel herumhantiere, gilt meine Überlegenheit an Intelligenz nicht mehr grundsätzlich, sondern nur noch als eine Spielart unter abertausend anderen. Vegetarier und Veganer mögen uns als Gutmenschen voraushaben, dass sie bedenkliche Tierhaltung mit Boykott belegen. Das wäre dann aber schon alles an Unterschied.
Denn wir sind sicherlich darin gleich, dass wir intelligente Lebewesen, ob tierische oder pflanzliche, kleinhacken und verzehren.
Was soll’s, die Natur macht’s genauso: Intelligentes Leben verspeist intelligentes Leben.
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