Trump werde ich vermissen. Seiner unverstellten Art wegen. Nun kehren die Demokraten zurück. Drüben gelten sie als Linke, denn sie befürworten mehr Umverteilung, mehr Zentralisierung. Die Linke also jubelt. Wie immer zu früh. Sie müsste umlernen, mahnt Slavoj Zizek. Dazu hätte ich einen bescheidenen Vorschlag zu machen. Zum Beispiel was den Umgang mit Anhängern eines Trump betrifft.

Die harte Arbeit der Linken ist getan. Dazu zwei Stichworte: Soziale Marktwirtschaft und Arbeitsgesetze, soweit es Europa betrifft. Die Gewerbler erwirtschaften seither auch die Altersvorsorge ihrer Angestellten. Stattdessen kümmert sich die Linke um weiche Themen. Zum Beispiel um die korrekte Wortwahl. Als gäben sie ihr Eingeständnis dafür, dass ihnen beim Kampf um Gerechtigkeit kein richtiges Scharmützel mehr übrigbleibt. Korrekte Wortwahl gebietet sich in Sachen Geschlechter, geschlechtlicher Orientierung, Migranten und fremdrassigen Menschen. Die Generation, die sich dieser Politik besonders annimmt, sitzt vorläufig noch in staatlichen Ämtern, wo sie diese korrekte Wortwahl bürokratisch durchsetzt. Neue Imperative bestimmen nun die Öffentlichkeit: Rede richtig über das andere Geschlecht, über die fremde Rasse. Wähle deine Worte mit politischem Feinsinn.

Es müsste diese Funktionäre nachdenklich stimmen, dass man ihre Imperative etwa im Netz genussvoll durch den Schmutz zieht. Syrische Flüchtlinge werden als Sandneger verunglimpft. Rassistische Witze kursieren in hoher Dichte. Auch Feministen bekommen gehörig ihr Fett ab. Videos sind im Umlauf, die zeigen, wie man Wehrlose am Boden mit Füssen tritt. Allgemein weidet man sich in vollen Zügen am Pech anderer. Im Gaming finden sich Beispiele niederen Geschmacks, wenn etwa die Durchschlagskraft bestimmter Waffen zu testen ist, indem man im Spiel durch Menschen schiesst, die aufgereiht bereitstehen. Der Hinweis, dass solche Versuche anno 44-45 in echt stattfanden, beeindruckt in keiner Weise. Gewiss empören sich die Linken darüber. Aber reicht das? Die genannten Unsitten treffen sie zurecht empfindlich.

Entweder hat ihre Politik des korrekten Wordings versagt, oder sie hat zu diesen Unsitten sogar angestachelt.

Ich vermute, Letzteres trifft zu. Das wäre ja schlechthin bösartig, denn das korrekte Wording lässt sich als Grundsatz vom Menschenrecht ableiten. Die Frage ist, geschieht diese Ableitung zwingend, oder bedeutet sie bloss eine Möglichkeit unter anderen, wie man Gerechtigkeit durchsetzt. Für die Linken ist das Wording unter keinen Umständen verhandelbar. Also ist es notwendig. Ganz besonders dann, wenn Flüchtlinge nach Europa stürmen. Oder auch wenn die Wirtschaft weltweit unter Druck gerät, da Finanzmärkte immer wieder einbrechen. Wer deswegen Ängste aussteht und zu Fremden gehässig wird, oder andere Geschlechter verunglimpft, da er sich von beidem übervorteilt fühlt, sieht sich von der Linken zum Unmenschen gestempelt.

Die Linken verkennen die pure Angst im Herzen des Faschismus.

Und wie begegnet man Menschen, die von Ängsten erfasst sind? Indem man sie unter Druck setzt? Sie zurechtweist? Ihnen diese Übermacht andichtet, die sie an sich selbst vermissen? Genau deswegen treten sie Grundrechte mit Füssen. Hinzu kommt die leide Schwierigkeit, dass die Linke korrektes Wording verordnet, ohne dass der Beleg erbracht wäre, dass es auch wirklich für Gerechtigkeit sorgt.

Wissenschaftlich jedenfalls ist umstritten, ob die Wortwahl das Bewusstsein prägt. Gleichwohl wird es in Vorschriften gegossen, gleichwohl wird jemand aus dem Stand heraus moralisiert, wenn er in seinem Wording davon abweicht. Hier nun setzt mein Verbesserungsvorschlag für die Linken an:

Wie macht man gute Dinge durchsetzbar? Wie schaffe ich es, dass Andere zu ihrer ganz persönlichen Sache machen, was ich als notwendig für alle erkannt habe? Und nicht nur ich, sondern viele, viele andere. Eine ganze Generation. Und teilweise darüber hinaus. Also muss das Anliegen allgemeingültig sein. Deshalb versagt es sich, andere erst zu fragen, ob sie vielleicht die Güte hätten, dass sie korrektes Wording persönlich im Gleichklang mit anderen in Alltag und Öffentlichkeit vertreten.

Dabei weiss man, dass Generationen gewisse Erfahrungen teilen. Also teilen sie auch Lösungen dieser Probleme, verschreiben sie als allgemeingültig für alle.

Das ist ein Fehler. Es verdeutlicht, dass es auch auf Stufe Generation zu einer Art Selbstbezogenheit kommen kann. Für meine Eltern und ihre Gleichalterigen ging Unabhängigkeit über alles. Eigentum in Sachen Wohnen und Mobilität. Das macht die Erfahrung deutlich, als sie um den Zweiten Weltkrieg herum in engen und zugigen Wohnungen hausten.

Aber die Sachlagen verändern sich. Das lässt das Problem verblassen, auch wenn es mir nach wie vor unter den Nägeln brennt. Dennoch drückt die Generation ihr Anliegen durch, wenn es auch verspätet ist. Eine Stadträtin, endlich ins Alter gekommen, da sie für ein Amt in Frage käme, ordnete als erste Massnahme an, dass im öffentlichen Wording nur noch von Zebrastreifen die Rede sei. Dies ungeachtet davon, ob das Anliegen noch von einer Mehrheit geteilt wird oder nicht.

Unter Mediamatikern findet sich jedes Jahr im Schnitt ein Drittel an Frauen. Vor Jahren führte ich unter ihnen eine Umfrage durch. Mit zwei Fragen, ob sie die Gleichberechtigung der Geschlechter in Beruf und Leben wichtig fänden, und ob die korrekte Wortwahl dabei für sie eine wesentliche Rolle spielt. Der erste Punkt wurde durchwegs bestätigt, der zweite beinah durchwegs abgelehnt. Die Frauen meinten, sie wüssten nicht, was ihr Geschlecht mit dem Beruf zu tun habe, den sie erlernten.

Die Linke mag hier Naivität beklagen, die Wissenschaft gibt den jungen Frauen Recht.

Das hat zur Folge, dass die Linke ihnen ein vorschriftsgemässes Verhalten abverlangt, deren Dringlichkeit sie weder einsehen, noch als wissenschaftlich bestätigt finden.

Jemanden dazu zu bringen, dass er Grundsätze einsieht, die ihm entgehen oder die er für abwegig hält, erfordert in erster Linie Respekt. Und diesen Respekt haben Linke schon immer versäumt. Als Gegner jeder Form von Nationalismus haben sie sich weltweit vernetzt. Und was die Demokraten anbetrifft, so sind sie auch mit der Hochfinanz verbandelt. Ihnen mangelt es an Schärfe gegenüber der Tatsache, dass sie für einfache Menschen eine Gefahr geworden sind, die Haus und Hof und Harz und Honig lieben und die Gebräuche, wie sie seit jeher gelten.

Die Meinung ist durchaus verbreitet, dass unter anderem eben diese Überheblichkeit zu einem Rechtsrutsch in den Staaten sowie auch in Europa geführt hat.

Auch politische Anliegen haben ihr Verfallsdatum. Es braucht dann viel Überzeugungsarbeit mit Fingerspitzengefühl, wenn man Mitstreiter für ein überholtes Anliegen in mehrheitlicher Stärke gewinnen möchte. Das zu leisten hat die Linke versäumt. Dabei gäbe es für die Linke erneut alle Hände voll zu tun: Die Liberalisierung der Gesellschaft hat ihnen neue Basisarbeit beschert. Viele Linke jedoch, nun in die Jahre gekommen, sind ihrerseits von dieser Denkweise angefressen. Oder sie verhalten sich einfach arglos, indem sie zum Beispiel Eigentumswohnungen in Berlin Prenzlauerberg erstehen und so zur dortigen Gentrifizierung beitragen. Wie zwei Schweizer Linke, die ich kenne. Nun im Alter gönnen sie sich Berlin als hippes Leben, wo sie mit weissen Haaren, schwarzem Rollkragenpullover und Hornbrille die Quartiere abflanieren, während Einheimische von Eimer zu Eimer hetzen und Pfandflaschen sammeln.

Es bringt mich zum Schmunzeln, wenn sie von ihrem liebgewonnen «Prenzelberg» labern.

Als wären sie da geboren.