Vor wenigen Monaten kam Kaley Cuoco, die Darstellerin der Penny, in Tränen von der letzten Leseprobe zurück. Höchste Zeit also, dass wir ein Hoch auf BBT anstimmen.

Viele halten die Serie für puren Klamauk. Geistreicher Klamauk wäre zu ergänzen. Es vergehen keine Augenblicke, und ich fange an zu lachen. Ganz gleich, in welche Folge ich mich einschalte. Das für mich Besondere an dieser Serie liegt darin, dass bestimmte Menschen zusammenleben, auch wenn sie völlig verschieden sind. Und vor allem:

Keiner verändert seine Wesensart.

Im Verlaufe der Staffeln mögen sich zwar Nuancen an der Eigenart verfärben. Grundsätzlich bleiben alle Personen in ihrer Art. Eben als eine Spezies menschlichen Charakters, wie sie von der Natur in ihrer Evolution genau so und nicht anders hervorgebracht wird.

Dennoch leben diese Typen zusammen.

Wären sie versessen darauf, den Andern zum Bessern zu bekehren, müsste man BBT unter den dramatischen Soaps suchen, wie sie vor Jahrzehnten die Öffentlichkeit begeisterten. Das wäre eine interessante Verfremdung des Stoffes. Man könnte ebenso gut, der Probe halber, die Dialoge von BBT völlig eintönig zur Aufführung bringen, mit endlosen Pausen durchsetzt, sodass die Vorfälle nicht unter Nerds spielen, sondern unter Schwerstdepressiven. Zu prüfen wäre, ob dann noch jemand lacht.

Der Wille, zusammen zu leben, bleibt über alle Unterschiede hinweg bestehen, auch wenn das gegenseitige Verständnis unter den Charakteren erschwert ist. Folglich bemessen die Figuren vieles, was gesagt oder getan wird, daran, ob es «hilfreich» sei. Dieser Ausdruck taucht an vielen Stellen immer wieder auf. Hilfreich zum Verständnis des Anderen sind unter anderem Vergleiche mit Figuren, die der Fantasy-Welt entstammen oder berühmter Kindersendungen wie etwa Bernie und Bert. So wird Sheldon oft als «glänzend» bezeichnet, damit der Vergleich mit C3PO Klarheit schafft. Sheldon erklärt Penny sein Verhalten in einer bestimmten Situation, indem er sie anweist, sie solle sich ihn mit einem grossen Fischkopf («Giant Squid Head») bestückt vorstellen, wie General Agba aus den Star Wars. Ein anderes Mal nimmt sich Sheldon die Avengers-Reihe zum Vorbild. Er besucht Amy in Princeton und erträgt es nicht, dass es dort in erster Linie um ihre Arbeit und ihren Erfolg geht. Schliesslich fügt er sich, indem er sich erinnert, dass jede Avenger-Figur in ihren eigenen Filmen die Hauptrolle spielt, während sie in anderen bloss Gastauftritte hat. So wird der enttäuschende Besuch in Princeton, verstanden als Gastauftritt, für Sheldon sogar zu einem Merkmal seiner Genialität.

Mithilfe solcher Argumente wird ein Problem gelöst, das zumeist sozialer Art ist, zugleich bleibt die persönliche Eigenart intakt. Trotzdem entsteht keine einheitliche Meinung in der Gruppe, wenn es um eines ihrer Mitglieder geht. Über Sheldon habe jeder eine andere Theorie, heisst es an einer Stelle. Nicht nur die Eigenarten, sondern auch die Sichtweisen sind verschieden.

Eine andere Möglichkeit, zu Klarheit zu kommen, was die Charaktere anbetrifft, bietet sich den Nerds, indem sie alltägliche Situationen kurzerhand als Experimente begreifen. So heisst es einmal über Stuart, er blühe unter Druck auf.

Die Nerds der BBT bewältigen folglich eine doppelte Vielfalt: Die persönlichen Eigenarten und die Theorien darüber. Darin sind sie vorbildhaft. Für uns nämlich, die wir mit eben dieser doppelten Vielfalt beschäftigt sind: Eigenarten und Meinungen. Und wir bemängeln abweichendes Verhalten und verkrampfen in Hader, wenn es sich einfach nicht verändern will, wie wir es für richtig halten.

Die Leichtigkeit von BBT im Umgang mit Vielfalt und Abweichung könnte uns eine Lehre sein.