In Athen quillt Müll aus Seitengassen. Kinder betteln dich an, mit verkrustetem Rotz an Nase und Oberlippe. An dieser allgemeinen Verwahrlosung stört man sich leicht, besonders als Tourist. Als Schweizer ohnehin. In solchen Fällen lohnt es sich genauer hinzusehen.
Katzen streunen herum, die einen benommen und verlaust, andere flink und angriffslustig. Auch die Wohnung in Hermoupoli lässt Wohlstand vermissen: Die freien Elektroleitungen an den Wänden sind behelfsmässig überpinselt. Die Tür schliesst schlecht. Manchmal kriegen wir sie von innen nicht auf, manchmal von aussen nicht. Dasselbe bei den Läden. Die Dusche knarrt und plätschert, auch wenn man die Leitung voll aufdreht. Das Wasser ist eiskalt oder siedend heiss. Dann fällt einem die europapolitische Misere Griechenlands ein und schüttelt den Kopf.

Cicero lobte die Griechen hellenischer Zeit, griechische Zeitgenossen jedoch verachtete er aufs Bitterste. Grund genug, diese Leute genauer anzuschauen. Griechen, Griechinnen. Ob alt oder jung, ob anständig gekleidet oder verlumpt, sie alle strahlen Würde aus.

Man möchte es Schönheit nennen. Zwar wird alles schön, wenn man es wirklich anschaut. Die griechische Würde jedoch hat eine besondere Note, die überall beigemischt ist und in Augen und Benehmen aufscheint:

Diese Menschen fühlen sich souverän.

Jedenfalls machen sie auf mich diesen Eindruck. Ihr Alter, ihr Geschlecht, auch ihre gesellschaftliche Stellung spielen dabei keine Rolle.

Hierzulande aber, wo alles sauber ist und wohl sortiert, siehst du Einheimische aus noblen Autos steigen, die Gesichter verkniffen, immer zielstrebig, aber geduckt, mit bäuerischem Schritt, in sich verkalkt und verstopft vor lauter Pflichtschuldigkeit gegenüber einer Versorgungsgesellschaft, die rund um die Uhr auf Hochtouren läuft. Es sind Gnomen der Perfektion.

Daher: Schöne Schweizer gibt es nicht.

Oder nur wenige.

Deutschschweizer, muss ich eingrenzen, denn die Romands wurden ja seinerzeit mit den Griechen verglichen.