‘Synops’ heisst eine Zeitung, die es nicht gibt. Ob es sie je geben wird, weiss ich nicht. Trotzdem stelle ich sie vor.

Abgesehen von Lokalblättern nimmt eine Zeitung normalerweise eine politische Haltung ein. Der Rechtsrutsch der «Weltwoche» seit den 80gern ist bekannt. So gibt es christlich demokratische Blätter genauso wie Zeitungen diverser Couleur von Rechts bis Links. Ob die Journalisten bei ihrer Anstellung ein entsprechendes Commitment abzulegen haben, ist mir nicht bekannt.

Vielleicht gehört die politische Ausrichtung einer Zeitung zu alten Zöpfen, die noch nicht geschnitten sind. Denn wer gebildet über die Gesellschaft nachdenkt, kann jede politische Position einnehmen.

Und genauso, wie man in der Theologie evangelische Texte zum gleichen Sachverhalt in Sparten zusammenstellt, Synopse genannt, damit man Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf einen Blick erkennt, genauso sollte man verschiedene Analysen zum gleichen strittigen Thema des politischen Tagesgeschäfts in Kürzestform zusammenstellen. In der Redaktionsbesprechung würde man den Journalisten, die sich zu gar nichts bekennen als zum schlüssigen Argumentieren, am besten per Los mit der jeweilige Analyse beauftragen.

Denn ein Mensch, der denkt, nimmt jede Position ein. Argumente lassen sich nachvollziehen, ohne dass man sie befürwortet.

Wir bekämen dann eine rechtsliberale Anlayse zu einem strittigen Thema, eine ultralinke, eine soziologische, eine kulturwissenschaftliche, je nach Bedarf eine medizinische, theologische oder pädagogische Anlyse und, etwas abstrakter, eine netzwerkanalytische Abhandlung sowie eine strukturalistisch-systemische.

Der Anspruch bestände dann darin, für Journalisten, dass sie sich knapp fassen und die Sache aus dem zugewiesenen Blickwinkel auf den Punkt bringen, für die Leserschaft, dass sie den anspruchsvollen Umgang mit einer verzwickten Sachlage und ihrer diversen Beurteilungsmöglichkeiten im Überblick erkennt.