Die Jacke ist neu, aber der Reissverschluss ist verkehrt eingenäht. Der Bügel ist rechts zu bedienen statt links wie seit Kindheit gewohnt. Das Ärgernis könnte sich als Glücksfall erweisen.

Zuerst grämte ich mich darüber. Die Taschen hatte ich vor dem Kauf geprüft, ebenso die Kapuze, aber nicht den Reissverschluss. Wie hätte ich das ahnen können? Ganz einfach: Gar nicht. Somit hat das Leben beim Kauf der Jacke die Weichen gestellt, nicht ich.

Das klingt banal. Der Fall passt jedoch auf Situationen, die schwerer wiegen. Wenn es zum Beispiel darum geht, den Partner fürs Leben zu finden. Zwar lässt sich herausbekommen, welche Werte jemand vertritt: Politische Ausrichtung, Rücksichtnahme auf Eigenarten anderer, Umweltbewusstsein, Ordentlichkeit, Familiensinn. Aber wir können niemals vorweg in Erfahrung bringen, wie die Person die Werte im Notfall sortiert, welche Werte sie anderen unterordnet, wenn sie unter Druck gerät. Womöglich weiss die Person das selber gar nicht so genau. Im Ernstfall, den niemand erwartet, führt das zu einer jähen Entfremdung, die zu verarbeiten ist.

Die Tatsache, dass man den Partner falsch gesehen hat, ist einzuordnen. Wir meinen dann, wir hätten ungenau hingesehen. Das wäre erneut so ein Fall von blanker Selbstüberschätzung. So oder so muss man sich umgewöhnen.

Wie beim Reisschverschluss. Die Handhabe gelingt schon ordentlich. Und währenddem ich geduldig das Steckteil in den Schieber führe, wird mir klar, dass ich für diese bescheidene Übung dankbar sein sollte. Denn es ergeht mir wie Informatikern, die sich im Wochentakt der neusten Anpassungen ihrer Sofware wegen umgewöhnen. Das sind sie sich gewohnt. Sie verfügen über eine höhere Gewohnheit, die uns Menschen alle anginge.

Denn Menschen stehen immer im Wandel der Zeit. Eine Tatsache, die wir durchwegs ausblenden. Daher gewöhne ich mir am besten beständige Umgewöhnung an. Dazu nutze ich jede Gelegenheit, die sich mir bietet, so unbedeutend sie auch sein mag.

Wie eben diese Reissverschlusssache.

Bei der sich schlussendlich herausstellt, dass ich den äusseren Reisverschluss mit dem des Innenfutters einseitig verwechselt habe. Wie peinlich. Hochfliegende Gedanken, dafür Null Orientierung, wenn es um Jacken, Innenfutter und Reissverschlüsse geht. Demnach hätte ich mich an einen Fehler angepasst. Ein Grauen für Leute, die sich der Aufklärung verpflichtet fühlen.

Wenn wir aber Umgewöhnung üben, damit wir im Wandel der Zeit bestehen, spielt es keine Rolle, ob wir uns richtig oder falsch anpassen.

Streng genommen zumindest.