Seit über zwanzig Jahren unterrichte ich Jugendliche, die von Star Wars angetan sind. Höchste Zeit also, dass ich mich auch dieser Sache annehme.
Der zeitgemässe Start der Geschichte hat mich überrascht: Ein Wirtschaftskrieg ist im Gange. Handelshemmnisse zwingen ganze Völker in die Knie. Die Yedi wirken als Unterhändler ausserhalb des Protokolls, den Konflikt beizulegen. Sie dienen dem Erhalt des Sternenbundes. Ihr Orden erinnert an fernöstliche Schulen, zweifellos dann, wenn sie kämpfen. Im Auftreten gleichen sie Mönchen, während ihr Rang als Ritter gleichfalls europäischen Ursprungs ist. Dieses Gemisch an Kultur muss mir als Kind der Postmoderne besonders zusagen. Auch was als ‘Macht’ angesprochen wird, bietet eine Mixtur an Bedeutungen: Sie bildet ein Energiefeld, das alles zusammenhält und Ereignisse übermittelt. Dieses Konzept verträgt sich mit dem altindischen Gottesbegriff genauso, wie es die wissenschaftlichen Belange der Morphogenese erfüllt, die ihrerseits mit der Quantenphysik liebäugelt.
Die Einheit von Wissenschaft, Religion und Technik ist ganz nach meinem Geschmack. Besonders gefallen mir die bruchlosen Übergänge zwischen Natur, Mensch und Maschine. Genauer zwischen diversen Technologien einerseits und galaktischen oder planetarischen Naturen und Zivilisationen andererseits. Selbst Roboter führen ihr Eigenleben. Was den Meisten einfach Spass bereitet, kann sehr wohl zum Nachdenken anregen.
Für mich gilt nach wie vor, dass phantastische Geschichten wie diese vom Krieg der Sterne nie ohne Bezug zur politischen Wirklichkeit sind, wie sie uns täglich weltweit beschäftigt. Aussagen des Kanzlers verdeutlichen meines Erachtens, dass der Wunsch nach Diktatur daher rührt, dass die widersprüchliche Vielfalt an Interessen und Überzeugungen viele Menschen überfordert, sobald um ihre Gültigkeit gestritten wird. Diese Streitereien trüben so den Blick auf das Ganze. Die Republik folge keiner inneren Ordnung mehr, klagt er. Sowohl der Kanzler, sprich der Imperator, als auch die Yedi sind um das Gesamtgemeinwesen der Sternenföderation besorgt, nur die Mittel und Wege unterscheiden sich. Der Kanzler sucht die Vielfalt auszuschalten, während die Yedi ihre Pflege erhalten wollen. Das ist genau die Politik, wie sie uns seit dem frühen Zwanzigsten Jahrhundert in Atem hält: Föderalisierung gegen Zentralisierung oder Gleichschaltung. In den USA heisst das: Republikaner gegen Demokraten. In der Schweiz: Kantone gegen Bund. Oder Gemeinden gegen Kantone und so weiter. Das wäre im Übrigen genau das Thema von Herr der Ringe, wo sich Sauron/Saruman einem Gandalf und den Gefährten in eben dieser Angelegenheit gegenüberstehen.
In Star Wars vereinen die Zentralisierer wiederum zwei Mächte der Gleichschaltung, nämlich den Nationalsozialismus, vertreten durch den Schutzstaffelhelm des Darfweither, sowie den Stalinismus als Diktatur des Sozialismus, sichtbar gemacht in den Uniformen der imperialen Soldaten, die an die Truppen der frühen Bond-Bösewichte erinnern. Auch dies eine Gemengenlage an Bedeutung, die mich anspricht.
Nicht auszumerzen bei solchen Geschichten ist der Messianismus, die Hoffnung auf die Ankunft des Auserwählten, der die Schieflage ins Lot zurück führt. Das erinnert an Herr der Ringe genauso wie an Harry Potter und an die Bibel.
Beispielhaft wird gezeigt, wie es kommt, dass der angebliche Messias Anakan die Seite wechselt. Dass er die dunklen Kräfte der Macht nutzen will, um seine Mutter wieder zu beleben, mag als Erklärung genügen. Das gelingt aber nicht, soviel ich weiss. Dennoch verbleibt er auf der dunklen Seite. Es gibt einen Grund für dieses Verbleiben, der schlüssiger ist und vor allem eher wirklichkeitsnah: Seiner besonderen Begabung wegen muss Anikan genauso mit Heilserwartungen klar kommen, die gewisse Menschen an ihn richten, sowie mit einem ständigen Misstrauen vonseiten seines Lehrers und des yedischen Rates. Diese Natur steht ihm oft im Wege. Einer Zurechtweisung von Obiwan entgegnet er, er bemühe sich ja, auf ihn zu hören. Offenbar gelingt es ihm nicht immer. Wer eine Diktatur errichten will, nimmt sich genau solche Leute zur Brust, die in irgendeiner besonderen Form wirksam sind, aber ihren Platz unter Menschen noch nicht gefunden haben.
Ein solcher Fall wäre Hitler höchstselbst. Genau deshalb lässt sich der Imperator nicht mit ihm vergleichen. Dem dunklen Kanzler entspricht eher ein nationalsozialistischer Mittelstand, der um das Volk besorgt ist, aber sich die Hände nicht schmutzig machen will. Sie schieben Hitler genau dorthin, wo er Kerben schlägt und eine Führerschaft spinnt, in der er sich Jahre später verfangen wird. Wenn dieser Vergleich denn überhaupt sein muss, so würde ich sagen: Hitler ist Anakan Skywalker.
Und die Diktatur selbst, das ist eine Volksautomatik, die rasch und reibungslos abläuft. Auch ihre Mechanik vollzieht sich mit Druck, der von Mensch zu Mensch wie von einem Rad auf das andere übertragen wird. Und dieser Druck heisst Verführung, je nach dem. Häufiger aber Drohung, sprich gezielt organisierte Angstmache.
Der Vorteil einer solchen Automatik liegt auch darin, dass sie von jeder Schuld entlastet. Denn wer unter Druck handelt, handelt aus Unfreiheit. Folglich kann er nicht zur Verantwortung gezogen werden. Also überschreitet er leichter Grenzen, bricht pflichtschuldigst moralische Grundsätze, die vorher nie zur Debatte standen.
Soweit meine ersten Überlegungen zu Star Wars.
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