Politischen Botschaften ist selten zu trauen. Meistens wird das Anliegen übertrieben, damit es Gehör bekommt. Von Rechts bis Links und zurück. Wer aber sein Anliegen übertreibt, droht es auch sachlich zu verzerren. Was für einen Sinn hat es dann noch?

In den 80ern, als die Grünen sich formierten, hiess es, der Wald liege im Sterben. Ausgerechnet jenes Waldstück auf dem Ottenberg, in dem wir als Kinder herumspielten, kam in den Abendnachrichten als Beispiel für diese Not zu zweifelhafter Ehre.

Danach war klar: Ein guter Mensch nutzt Altpapier. Ganze Unternehmen stellten auf die graue, etwas stinkende Blattware um. Heute ist das völlig vergessen. Überall wird munter hochgebleichtes Papier Stapel für Stapel durch den Kopierer gejagt.

Und auch das Waldsterben entzündet keine Gemüter mehr. Der Wald meiner Kindheit sieht denn auch so aus wie seit je. Kürzlich erschien in der NZZ ein kurzer Bericht über eine politologische Analyse, die zum Schluss kommt, der Ausdruck ‘Waldsterben’ sei übertrieben gewesen. Vielleicht hätten sie damals besser eine Parole herausgegeben, die zutreffender gewesen wäre. Etwa die Warnung, unser Wald leide an Schnupfen.

Das wäre eine lächerliche Botschaft gewesen. Man hätte darüber gelacht, besonders die Gegner, die dann womöglich keine Autopartei gegründet hätten. Daraus gingen immerhin die Schweizer Demokraten hervor. Links übertreibt. Dadurch fördert es ungewollt mehr Rechts, was freilich auch umgekehrt gilt.

Man nenne das Kind bei seinem Namen: Es heisst Propaganda.

Also Werbung in politischer Sache. Und die Werbung hat sich bekanntlich nie um Sachlichkeit gekümmert. Ihr Geschäft ist eine Art Verklärung. Das Produkt wird idealisiert dargestellt. Das heisst, es wird vereinfacht und überzeichnet. Botschaften wie die drohende Islamisierung Europas, der menschengemachte Klimawandel, die soziale Konstruktion der Geschlechter oder die Reinheit von Rasse und Kultur beziehen sich auf Sachverhalte, die viel zu verzwickt und nur unscharf begrenzt sind, als dass man sie derart schroff vereinfachen könnte.

Da ereifern sich die damaligen Befürworter, die zur Rettung des Waldes getrommelt hatten. Man müsse die Dinge klarmachen, damit Hinz und Kunz es verstünden. Oder die so genannten Nullachtfünfzehn-Menschen. Nebst der sachlichen Verzerrung tritt damit eine weitere Peinlichkeit zutage. Nämlich Geringschätzung, Überheblichkeit, Besserwisserei, Bevormundung.

Somit bestehen mindestens zwei Gründe, dass man Politik schlicht und ergreifend der Werbebranche zuzählen sollte, nämlich Übertreibung sachlicher Zusammenhänge sowie Herablassung gegenüber einer breiten Basis an Wählern, die für beeinflussbar gilt.