Egoismus ist eine gängige Klage, die aber doch sehr leichtfällt. All jenen sei eine Umwertung anempfohlen, die über die Selbstbezogenheit der Menschen schon beinahe zerknirscht sind.

Egoisten nehmen keine Rücksicht auf andere. Dabei wird ihnen Wahlfreiheit unterstellt, was den Vorwurf natürlich zuspitzt. Sie packen Möglichkeiten beim Schopf, die zulasten von Mitmenschen gehen, obwohl sie durchaus anders wählen könnten.

Beim Vorwurf Egoismus wird diese Wahlfreiheit kaum geprüft.

Ein Kollege schnappte uns sehr oft bequeme Plätze vor der Nase weg, legte sich in den einzigen Liegestuhl, der im Garten stand, besetzte sofort den Sitzplatz, der Schatten bot. Dafür handelte er sich Vorwürfe ein, die er spöttisch abtat. Gerne gab er den Macho. Erst nach Jahren kam heraus, dass er an Herzschwäche leidet.

Tiere, sogar Pflanzen sind Egoisten. Aber wir lesen sie nicht so, weil wir uns ausserstande sehen, ihnen Wahlfreiheit unterstellen zu können. Der Evolutionismus, also das Weltbild, das überall Zufall, Anpassung und Auslese am Werk sieht, rät uns zur Versöhnung mit dem Egoismus. Auch wissenschaftliche Gegenbilder, die allerorten Zusammenarbeit sehen, gestehen ein, dass der zeitweilige Verzicht auf persönlichen Vorteil auch nur dem Selbsterhalt dient.

Egoismus könnte ein Trick des Lebens sein, dass es Phänotypen hervorbringt, insbesondere Menschen, die nur für sich sorgen. Sie tun es aber wirksam.

Denn indem sie wirksam für sich sorgen, sorgen sie wirksam auch für das Leben.

Egoisten sind wirkungsvolle Mittel des Lebens zum Zweck seines Fortbestands.

Was genauso für Zusammenarbeit gilt. Das Leben geht eben verschiedene Wege zur gleichen Zeit.

Und so fort.