Metaphysik fragt nach dem Sinn von allem, was ist. Das All jedoch zeigt genauso viel Sinn wie aufgewirbelter Staub.

Das macht vielen zu schaffen. Daher nehmen sie an grossen Erzählungen teil, die alles, was ist, sogar das All, sinnvoll in ein Ganzes fügt. Sie wünschen, irgendwann vor Gott zu sein, die eigentliche Bedeutung von Paradies. Sie wünschen, sie mögen, statt in gähnendes Nichts, in die Hand des Herrn fallen, der sie auffängt wie ein Adler sein Junges im Flug.

Der Gegensatz von Sinn ist nicht etwa Unsinn, sondern Zufall. Sinn hat demnach mit einer Absicht zu tun, die sich auf einen Zweck hin ausrichtet. Aus Sicht von Naturwissenschaftlern ist Absichtlichkeit einigen Lebensformen vorbehalten, besonders uns Menschen, jedoch keineswegs dem Leben für sich genommen. Sie haben Gründe für diese Überzeugung. Aber sie wissen nicht, wie es nach einem Urknall, der wie jede Explosion ein sinnloses Durcheinander bewirken muss, zu einer solchen Ordnung kommen soll, wie das Leben eine ist. Mittlerweile besteht auch in diesem Lager Uneinigkeit, was Sinn oder Zufall angeht, soweit es das Leben als solches betrifft.

Immerhin hat dieser offenkundig sinnlose kosmische Staub ein Leben hervorgebracht, das alle Mittel nutzt, damit es fortbesteht. Unter anderem Sex. Man mag es für einen schmutzigen Materialismus halten, wenn man dem Sex eine Möglichkeit unterstellt, die zu einer Metaphysik führt, also zu einer Klärung des Sinnes von allem, statt dass man sich auf überlieferte Sinngebilde wie Christentum oder Buddhismus beruft.

Dabei ist Sex sogar vorzüglich zur Metaphysik geeignet: Leben besteht, indem es mit Schmerz versieht, was ihm schadet, und eben mit Lust, was es fördert. Das betrifft Aufnahme wie Ausscheidung, also den Stoffwechsel, sowie Fortpflanzung. Das Leben lässt rohe Gier walten, wenn es um seinen Erhalt geht. Wie kann das zufällig der Fall sein?

Es soll auf Zufall beruhen, dass Klappen wie Ventile bei Venen eingewachsen sind, die unter Niederdruck zum Herzen führen, jedoch keine bei Arterien, bei denen Blut von dort wegschiesst? Ist das ausgerechnet oder zufällig der Fall? Es heisst dann, das hätte sich von allein so zweckmässig ergeben, indem unter Auslese nur Bestangepasste ihre besondere Körperlichkeit vererbten.

Die Annahme einer Auslese, die ausschliesslich wirkt, scheitert spätestens bei der Erklärung, wie es überhaupt zu ersten lebendigen Organismen hat kommen können. Die Absichtlichkeit des Lebens zwingt keineswegs zur Annahme einer göttlichen Schöpfung, wie Naturwissenschaftler befürchten. Sie bietet sich an als Alternative unter anderen. Ein weiteres Konzept wäre zum Beispiel das Sinnbild vom Leben als einer taubblinden Person, die sich vorantastet.

Wie können Naturwissenschaftler es einleuchtend finden, dass es jemals eine Lebensform gegeben haben muss, bei der zufälligerweise mit Schmerz gekoppelt war, was sie vorangebracht hätte, hingegen mit Lust, was ihr schadete? Eine Lebensform, die Klappen in Arterien aufwies und vielleicht schwammartiges Gewebe, das ihre Venen verstopfte? Bei Annahme des Zufalls sind irgendwie verwachsene Lebensformen anzunehmen, die mit einer völlig dysfunktionalen Organik regelrechte Geschwüre gewesen wären.

Um das einleuchtend zu finden, muss man Religion hassen.

Und dafür gibt es ja auch Gründe.