Mark Everett, alias Mister E von der Band Eels, hat eine Autobiografie verfasst, aus der ich hin und wieder vorlese. Beinah ausnahmslos stösst auf Begeisterung, was er sagt. Und vor allem, wie er es sagt. Die jungen Leute fühlen sich verstanden. Woran das liegt, sagen sie nicht genau. Wahrscheinlich geht es um ihre Eltern, die in meinem Alter sind. Also kann ich nur mutmassen.

Die Generationen liegen wohl etwas verschoben, wie es im Rahmen laufender Amerikanisierung öfters vorgekommen ist. Solche Verschiebungen haben mich schon immer fasziniert. Ein anderes Beispiel dazu: Portugiesische Freunde meines Alters sind unbeirrt damit beschäftigt, ein Eigenheim zu gründen. Genau das, was meine Eltern umtrieb, während ich keinerlei Interesse daran habe. Diese Verschiebung kann freilich auch an der gesellschaftlichen Schichtung liegen. Kollegschaften meiner Generation ziehen vorwiegend in alte Häuser und versorgen sich in Brockenstuben mit Dingen, die unsere Eltern froh waren, endlich los zu sein. Umgekehrt kleiden sich die Eltern meiner portugiesischen Freunde nach dem Geschmack meiner Grosseltern und so fort.

Auch E. zählt zur jetzigen Elterngeneration, ohne dass er Kinder hätte, scheint aber in Umständen aufgewachsen zu sein, mit denen heutige Jugendliche zurande kommen müssen. Seine Jugend in den Siebzigern verlief typischerweise nicht ohne Drogen und Autodiebstahl. Der Unterschied jedoch fällt zunächst zunächst kaum auf:

Ganz gleich, so schreibt Everett, was er oder seine Schwester Liz Haarsträubendes angestellt hätten, die Eltern zeigten «keinerlei Reaktion» [p 54].

Ein Rebell ohne Widerstand. Was für ein Drama für eine gesunde Identität. Die Hippies der ersten Stunde riskierten noch ihr soziales Kapital. Ebenso die Rocker der Achtziger. Da weisst du, wer du bist. Selbstzweifel sind ausgeschlossen. Eels wurde weder beschimpft, noch mit Enterbung unter Druck gesetzt. Vom Vater schon gar nicht. Als in sich gekehrter Quantenphysiker wurde er von seinen Kindern höchstens als Möbelstück wahrgenommen. Was meine Generation angeht, so glaube ich, dass wir uns zwar nicht gerade zu einer antiautoritären Haltung bekennen. Aber ich wage folgende These:

Uns liegen Freizeit und Selbstverwirklichung viel mehr am Herzen als unseren Vorfahren. Und wir kaschieren diese Neigung hinter einer pädagogischen Zurückhaltung gegenüber unseren Kindern. Das verkauft sich gut. Unter anderem folgen wir ihnen kaum in die virtuelle Welt.

Was die Kinder mit Eels gemeinsam haben, ist womöglich eine ganz simple Tatsache:

Dass sie sich allein gelassen fühlen.