Eine neue Angst geht um: Unser virtuelles Ich macht uns Sorgen. Aus Klicks und Likes geformt von fremder Hand, die ihr Tun als Dienstleistung anpreist, droht es Überhand zu gewinnen.
Die Sammlung solcher Daten bedeutet für sich genommen keine Schwierigkeit. Es sei denn, das Ganze gerät in falsche Hände. Hitlers Schergen brauchten nur die Karteien der Sozialversicherungen durchzublättern. So konnten sie leichterhand alle jüdischen Versicherungsnehmer aussortieren. Man führe sich vor Augen, in Europa würde die Scharia ausgerufen.
Die Konzerne erhalten unsere Zustimmung auch jederzeit butterleicht. Wer hält sich schon mit der Lektüre von Geschäftsbedingungen auf, wenn der Kauf ansteht. Diesem Problem lässt sich nur naturrechtlich beikommen. Man muss nachweisen, dass wir gezwungen sind, der freien Verfügung unserer Daten zuzustimmen. Die Suchmaschine Google ist unverzichtbares Mittel geworden. Auch monopolrechtlich gesehen, nehme ich an, dürfte der Konzern sein Angebot an keine solche Bedingungen knüpfen. Doch was können die dafür, dass ihre Konkurrenten schlechter arbeiten als sie.
Wenn jemand aus geschäftlichen Gründen heraus, etwa im Rahmen einer Projektarbeit, einen Einkauf zu tätigen hat oder auf einer Plattform ein Profil erstellen muss, liegt eine Situation vor, die aus naturrechtlicher Sicht solche Bedingungen verbietet. Niemand wendet dann eine Stunde auf, damit er über die Geschäftsbedingungen Bescheid weiss, um sich schliesslich nach einem anderen Anbieter umzusehen. Da erfolgte das gleiche Spiel von Neuem. Unter Umständen verzögerte er so die Projektarbeit, und das ginge ins Geld.
Ein Liberalist widerspricht dem Argument vom Zwang zur Zustimmung. Denn für ihn gibt es immer Alternativen. So einfach ist das. Notfalls müsste man dann halt einfach den Beruf wechseln.
Oder warum nicht gleich die persönliche Identität?
Das wäre die einfachere Lösung: Ich verzerre ganz gezielt das Profil meines virtuellen Ichs, indem ich in Gebieten Spuren hinterlasse, die mir völlig widersprechen.
Gedacht, getan. Und siehe: In meinem Fall ist diese Verzerrung bereits vollzogen, ohne dass ich es mitbekommen hätte. Denn seit Moongirls Kleine sich hin und wieder an meinem Rechner austobt, bin ich als virtuelle Person sozusagen atomisiert worden:
Ich interessiere mich für abziehbares Makeup, bevorzuge Filme mit genialen Pranks, besuche immer wieder Barbie im Traumhaus, vergnüge mich an extremen Wahrheitstests, gucke Best of Unsympathisch und weiss über Ariana Grandes bewegendes Jahr Bescheid.
Noch selten habe ich mich so geschützt gefühlt.
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