Nun musizieren sie wieder. Kinderkonzerte zu Advent. Viel Katzenjammer, aber viel Freude und Applaus beim geringsten Ton. Landauf, landab gibt es Musikschulen mit Gönnerschaft und eigener Verwaltung, nirgendwo jedoch finden sich kindsgerechte Ateliers für Malerei, Keramik oder Fotografie, die genauso gefördert würden. Man möchte Kinder frühzeitig kultivieren. Aber warum nur mit Musik?

Wie immer bei einem kleinen Weltspiel wie diesem, wo wir Vermutungen ausprobieren und Gründe erwägen, indem wir Kenntnisse einbringen und verknüpfen, verschaffen wir uns lediglich Klarheit, anregend und unverbindlich. Mehr nicht.

Zur Sache fällt mir etwa ein, dass Musizieren zunächst eine bürgerliche Angelegenheit ist. Adelige lassen aufspielen, während Bauern volksgerecht zum Anlass ihrer Bräuche musizieren, gewiss nicht im Rahmen einer säuberlich einstudierten Vortragsübung. Bürgertum also. Das sind Krämer, Händler, Kaufleute, Banker. Berufe, die zunächst schlecht beleumundet sind, weil sie mit Zahlen zaubern, allenfalls tricksen und so Käufer übervorteilen, die kaum Ahnung in Finanzsachen mitbringen. Also legen sie sich ein verlässliches Verhalten zu, kleiden sich adrett und sauber, halten Versprechen ein, benehmen sich zuvorkommend. Irgendwann wird klar, dass dieses Verhalten nicht nur bei Abschluss der Geschäfte zu gewährleisten ist, sondern überhaupt, denn der Ruf der Kaufleute zieht weite Kreise im Geschäft, jedoch enge im Privatleben. Beides lässt sich aus bürgerlicher Sicht keineswegs trennen. Erscheint die Familie des Krämers verkommen, wird man auch seinen Geschäften wenig trauen. Also fördert ein kultiviertes Kind ganz besonders den Ruf der Krämer im dauerhaftem Wettbewerb.

Aber warum Musik? Ganz einfach: Weil man Fehler sofort hört. Jeder Laie lässt sich davon beeindrucken oder runzelt die Stirn bei falschen Klängen. Die Qualität ist sofort überprüfbar, wie alles, worauf Kaufleute Wert legen, damit das Vertrauen in sie wächst oder zumindest anhält.

Also: Kinder fiedeln, flöten, zupfen und schlagen die Tasten letztlich für den guten Ruf des elterlichen Haushalts.