Die Strukturen meines Labyrinths sind gelegt. Nun geht es ans Ausschmücken. Zum ersten Mal fällt es mir öfter schwer, das Spielen zu lassen.
Meine Vorstellung einer Termitenkolonie hat sich erfüllt. Jedoch übersetzte ich keine Einzelheiten über Bau und Leben dieser Tiere in die Welt meines Labyrinths. Stattdessen ging ich nach Gutdünken vor. Eine Planung erübrigte sich schon dank der Flugfähigkeit im kreativen Modus. Auch was Grössenverhältnisse angeht, handelte ich aus dem Bauch heraus. Treppen und Korridore sind zwar nach einem Muster gefertigt, das mehr oder weniger einheitlich geblieben ist, aber ich nutzte gerne jede Anpassung, die sich ergab. Ausnahmen waren mir meistens willkommen.
Diese unbedarfte Art hatte eine Denkwürdigkeit zur Folge: Als ich zum ersten Mal die Gesamtanlage durchkämmte, geriet ich in Verlegenheit, dass ich mit diesem Werk etwas von meiner Person verrate, was sich meinem Blick entzieht. Was könnte das sein? Auch empfand ich eine ähnliche Scham, als man mich auf die Statistik verwies. Ungern gibt man ein allfälliges Suchtverhalten preis, von dem man selber keine Ahnung hat. Die Gesamtdauer meiner Tätigkeiten am Labyrinth jedenfalls beträgt wenige Tage auf ein Dreivierteljahr. Keine Ahnung, was das bedeutet.
Letzthin kam mir eine Kritik an dem Spiel zu Ohren, die wie zu erwarten aus Bildung und Erziehung stammt. Im Gegensatz zum wirklichen Leben biete das Spiel zu wenig Widerstand. Nirgends würden einem Steine in den Weg gelegt. Alles in Butter, von Anfang bis Schluss. Probleme, die auftreten, lösen sich im Rahmen der angebotenen Mittel. So gesehen wird man wirklich verwöhnt, gerade im kreativen Modus. Blöcke, die man abschlägt, zerbröseln sogleich und verschwinden einfach in der Luft. Man braucht also nicht einmal den Schutt herauszuschaffen, wie es in wirklichen Minen erforderlich wäre. Ausserdem passen die quadratischen Blöcke immer bequem ineinander, denn sie sind auch alle gleich gross. Die Grössenverhältnisse bereiten also kaum Kopfzerbrechen.
Diese Kritik zeugt genauso von Sorge wie von einer dummdreisten Art, die gerade unter Erziehern häufig vorkommt. Ihr Problem liegt darin, dass ihnen vor lauter Pflichtschuldigkeit die nötige Phantasie fehlt, die Dinge auch anders zu sehen.
Der Spieler arbeitet sich zwar weniger an Widerständen ab, als dass er vielmehr mit endlichen Mitteln endlose Möglichkeiten zuwege bringt. Darin liegt die Losung: Viel aus Wenig machen. Man sieht ja, welche Vielfalt die Natur mit nur vier Genen ausbildet. Auch die Kulturgeschichte, beispielhaft die Entwicklung der Technik zeigt den gleichen Moment: Die Mittel sind in der Ausgangslage immer beschränkt.
Zwar kommen laufend neue Mittel dazu, allerdings nicht so rasch. Auch beim Spiel wartet man Neuauflagen ab. Bis dahin übt man sich darin, dass man aus Wenigem Vieles anstellt. Wenn ich es richtig verstehe, liegt darin doch genau das, was von Erziehern als Kreativität so gelobt wird.
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