Mein unterirdisches Labyrinth nimmt Gestalt an. Man kann sich schon ein wenig darin verirren. Die Ausbeute meiner Techniken jedoch bleibt vorderhand noch etwas mager: Steine abschlagen, Steine fügen, Fackeln setzen, Becken mit Wasser füllen, je nach Lust ein paar röchelnde Zombies niederstechen und so Lümmels, die dauernd ein Stück Rasen mit sich herumtragen.
Der Vorzug dieses Spiels liegt darin, dass es uns Kulturtechniken ausüben lässt, die uns die Gesellschaft schon seit Jahrhunderten abgenommen hat. Wenn ich darauf komme, ich könnte Fackeln so stecken, dass sie eine Reihe bilden, damit ich Strecken messe und aufeinander abstimme, fühle ich mich ins Ägypten der Eisenzeit versetzt. Und im Überlebensmodus, der mich wenig reizt, trifft man urtümliche Vorsorge, nur schon dass man die Nächte übersteht, die siebenminütlich wiederkehren.
Vielleicht hat das Leben solche Spiele ermöglicht, damit diese Techniken im Vollzug erhalten bleiben. Ob das nun virtuell oder in real geschieht, ist vielleicht gar nicht so von Belang.
Pädagogen meinen, im Gegensatz zu rüden Ballerspielen lasse das Minecraft die Kiz wenigstens schöpferisch sein und Sinn gestalten. Wie die sich irren! Wenn ich Lücken in den Felsen schlage und darin verschwinde, kommt es vor, dass ich von der Lust des blossen Draufhauens erfasst werde und im Rundumschlag Blöcke abrasple, sodass die Maus rattert und planmässig gesetzte Fackeln wieder zerschmauchen. Dabei ist es ein Moment reinsten Faschismus’, wo man durchschlägt und draufhaut und ausradiert und tilgt und so einen waschechten Amoklauf einübt. Auch schon steckte ich in Seriefeuer Fackeln über den Boden aus, was einen trommelnden Lärm verursachte, und schoss sie mit Linksklick wieder ab. Auch beim Blöckeklopfen erinnert der Ton, wenn es so richtig faschistisch wird, tatsächlich an eine Art Luftdruckwaffe, deren Magazin geleert wird, bis die Feder sich ganz ausstreckt.
Beim Minecraft fällt das nur nicht auf, es hat ja keine böse böse Waffe. Und Blut fliesst auch keins.
Dafür: Lava!!!! Aus den Tiefen des Gesteins, aus Schlünden allen Urtriebes.
Das entdeckte ich, als ich eine Art Schlucht aufschlug. Der Raum war durch die Lava leicht erhellt, sodass ich die Ausmasse des Risses erahnte. Allerdings vermutete ich kaum die Selbsterfahrung, die mir gleich bevorstand. Ich quetschte mich aufgeregt durch das Engnis, und mit Doppelschlag der Leertaste durchflog ich den Raum kreuz und quer sogleich ohne Pausen bis in die hintersten Winkel, leuchtete sie aus, steuerte zurück, in alle Höhen, in alle Tiefen, bis in die Wasserkammern und Lavabäder, die durch schattige Spalten leuchteten und mich immer tiefer in den Berg lockten.
Wie ein Insekt schwirrte ich umher, das vom Licht gelenkt Räume erkundet.
Genau wie beim Journey-Spiel bekam ich mich als Naturwesen zu begreifen. Diesmal aber nicht virtuell organisiert, sondern im spontanen Vollzug.
Also in einer Echtheit, die in realer Gesellschaft auch nur bedingt möglich ist.
Kommentar verfassen