Verstehe den Populismus! Das wäre die Herausforderung. Ihn anprangern ist leicht. Warum hängen diese völkischen Menschen denn an Grund und Boden, an Milch und Blut so sehr, dass sie Krallen zeigen?
Nun, ihnen geht die Modernisierung zu schnell. Man sagt, wir steckten noch heute mitten in der Industrialisierung, auch wenn sie die Epoche, mit der wir sie verknüpfen, hinter sich gelassen hat, als noch Gusseisen stampften. Nun durchläuft sie in beachtlicher Verfeinerung Stadien von Digitalisierung und Virtualisierung. Sehr bald mündet sie in ein Internet der Dinge. Es ist immer die gleiche Rationalisierung, die laufend am Werk ist und immer neue Mittel nutzt, die sie immer neu hervorbringt.
Das überfordert viele.
Sie sehen sich wie einen alten Zopf abgeschnitten und auf den Müll der Zeit geworfen.
Aber sie sind jetzt da und lebendig.
Auch in Südkorea ist die Modernisierung zu rasch vonstattengegangen, heisst es. Das gleiche Problem bescherte dem Iran eine shiitische Revolution als grandiose Ausbremsung. Die Saudis wussten schon immer, dass man Beduinen sehr behutsam und mit viel Achtung vom Kamel ans Steuer eines Cadillacs geleiten muss.
Und in der Schweiz? Ein Bekannter von mir, ehemaliger Aussendienstler einer Versicherung, lebt über Sargans auf der Alp und stellt Ziegenkäse her. Wanderer knipsen ihn ab, seines Äusseren wegen. Seine Worte: Auch hierzulande seien Indianer ausgestorben.
Zwar ist er kein Populist, aber er lebt aus dem gleichen Verständnis für Überforderte.
Vor Jahrhunderten fühlten sich einige übergangen, als sie einer Nation untergeordnet wurden. Aber auch dieser Widerstand verkehrt sich nach Generationen in gefühlvolle Zustimmung: Ein paar Geschwister, die auf einem Schweizer Hof aufgewachsen waren, besuchten gemeinsam die Vereinigten Staaten. Eine der Frauen fühlte sich derart entwurzelt, dass sie die gesamten Ferien über nervös war. Erst kurz vor der Abreise fand sie ihre Ruhe wieder, als sie an ihrem Flugzeug das Schweizerkreuz erblickte.
Gewisse Leute brauchen mehr Zeit als andere, und sie bekommen sie nicht.
Aber wir leben mit ihnen auf dem gleichen Planeten.
Jetzt.
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