Seit Trump müsse die Linke über die Bücher, fordert Zisek. Vorschläge zur Verbesserung sollten also gefragt sein.
Nach dem Konzert von Joan Baez in Salem letzten Sommer wurde mir auf Nachfrage versichert, die Sängerin habe unter anderem jenen Klassiker zum Besten gegeben, der diese Frage aufwirft: «When will they ever learn?» Wann werden sie lernen?
Gemeint sind Kriegstreiber, Kriegslobbyisten, Machtpolitiker und Manager obersten Kaders, für die Krieg die Kassen klingeln lässt. Daran hängen Ölförderung, Rüstungsindustrie und letztlich wir alle, die wir selbst in der untersten Schicht in irgendeiner Form davon nutzniessen, sobald die Vorzüge da hinunter sickern. Die Vernichtung im Zweiten Weltkrieg hatte eine beispiellose Wertschöpfung zur Folge gehabt. Sie nährte eine kluge Umverteilung und stiftete damit Frieden. Krieg ist ein Motor für Wohlstand, sofern er im Ausland stattfindet. Dieses Mittel wird wohl weltweit in petto gehalten. Der Vorwurf, den Joan Baez in Töne fasst, ist berechtigt, das versteht sich von selbst.
Aber er ist auch naiv. Und vor allem überheblich.
Naiv ist er deshalb, weil er diesen Herrschaften Handlungsfreiheit unterstellt. Ich hingegen sehe viele von ihnen mit dem Rücken zur Wand stehen. Bittere Notwendigkeiten lassen sie bittere Entscheide fällen. Ob sie dabei ihre Machtgier ausleben, wissen letztlich nur sie selbst. Das hämisch Böse, das seine Hände reibt, kommt mir märchenhaft vor.
Überheblich ist der Vorwurf und abermals naiv, weil angenommen wird, diese Leute begriffen etwas nicht richtig, sie müssten lernen. Dabei ist wenig nötig, um einsichtig zu machen, dass Krieg die Hölle ist. Alle diese Gutmenschen, die sich zu den Melodien von Joan Baez wiegen und dabei ihr Feuerzeug hochhalten, mögen glauben, sie hätten die Sachlage kapiert. Aber man ist versucht, dass man, rein zum Ausgleich, den geistige Arbeit fordert, eine saftige Ladung Nietzsche dagegen in Stellung bringt:
Wer den Gegner für dumm hält, beweist nur seine eigene Ohnmacht.
Auf einmal wird Bob Dylan verständlich, der zögerte, den Nobelpreis anzunehmen, schlicht deshalb, wie man mir klarmachte, weil er sich ungern vor irgendeinen Karren voller Gutmenschen spannen lässt.
Die Linke sollte ihre Überheblichkeit ablegen. Ganz besonders dann, wenn sie es mit bissigen Hobbits vom rechtspopulistischen Lager zu tun bekommt. Auch Joan Baez wird so nie Gehör finden. Wer lässt sich schon derart plump belehren. Man darf staunen ob so beschränkter Menschenkenntnis.
Voltaire gab sich begriffsstutzig in durchaus sokratischer Manier. So machte er seine Aufklärungen annehmbar. Enzensberger geht so vor, dass er ungewohnte Gesichtspunkte einer Sache leicht überbetont. So sorgt er für Nachdenklichkeit. Gute Aufklärer, und die Linke sollte dazu gehören, gehen davon aus, dass ihre Gegner klug sind. Auch die chinesische Staatskunst betonte diesen Grundsatz zur Zeit der Streitenden Reiche.
Also im Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung.
Wann wird sie das lernen? Die Linke?
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