Gewohnheiten bieten Sicherheit. Und sie behindern zugleich: Das neue Office kann Immigrants zur Verzweiflung bringen. Wir sind gezwungen, eine Metagewohnheit auszubilden. Auf das Leben angewendet könnte sie sogar Frieden stiften.
Auch vor Jahren, als man zum neuen Power Point wechselte, hatte ich vom mühsam Eingeübten Abschied zu nehmen. Meine Empörung verhallte damals unerwidert. Ich weigerte mich, eine Mühe auf mich zu nehmen, zu der sich Mediamatiker und ganz gewiss Informatiker, unter denen ich meinen Ärger vergeblich ausposaunte, ihr ganzes Leben genötigt wissen.
Man macht sich kaum einen Begriff von der Sturheit altgedienter Anwender. Selbst die einfachste Regel, dass man bei technischen Problemen den Rechner erst einmal neu starten soll, kommt bornierten Immigrants selten in den Sinn. Sie verkraften es nicht, dass sie als mündige Personen, die in ihrer Souveränität mehrfach bestätigt wurden, nun immer öfter wie Esel am Berg stehen.
Oder sie sind müde von stets wiederkehrender Anpassung.
Die Erfahrung, dass man Souveränität einbüsst, machen Menschen überhaupt, wenn sie älter werden. Was sie nicht gelernt haben, und was im Bereich Netzwerk seit Langem ansteht, ist die Ausbildung einer Metagewohnheit. Das heisst:
Man gewöhnt sich daran, dass Gewohnheiten ändern.
Einfach gesagt, schwierig befolgt. Daher darf ruhig von Tugend die Rede sein. Aber für ältere Immigrants ist da ein schlichtes Mittel zur Hand:
Nimm die Gewöhnung an Umgewöhnung einfach als Hirntraining!
Wenn man es genau besieht, riecht diese neuartige Tugend nach Zukunft. In jeder Hinsicht. In allen Belangen. Denn wer an dem festhält, was er sich gewohnt ist, stiftet Unfrieden, sofern er die Dinge bissig angeht und Hasstiraden loslässt und nötigenfalls Bomben legt, statt dass er erst nach Nischen seiner Art Ausschau hält und irgendwann sich dem Lauf der Dinge ergibt.
Für Nietzsche sind Gewohnheit und Überzeugung gleichwertig mit Lüge.
Sich den Dingen ergeben, das wäre Tugend schlechthin. Im richtigen Moment, versteht sich, nicht als täglicher Grundsatz, das wäre politisch naiv. Im fernen Osten weiss man das seit je.
Und das lässt hoffen: Die abertausend Buddha-Figuren und Figurinen, die man in mitteleuropäischen Gärten und Haushalten vorfindet. Ich vermute, sie sind schön regelmässig wie zerstobene Tröpfchen in hoher Dichte über die Länder verteilt.
Und grenzübergreifend.
Kommentar verfassen