Zu meiner Zeit waren Selbstgespräche verpönt. Das sind sie wohl heute noch. Aber sie fallen nicht mehr auf.

Ich kenne Erwachsene, die unter der Dusche mit sich selbst reden oder während der Arbeit oder wenn sie sich zum Aufbruch rüsten. Mit den Jahren stelle ich bei mir Ansätze in dieser Richtung fest. Kinder reden im Spiel mit sich selbst. Auch Einsame. Ihnen fehlt der Spiegel im Andern.

Menschen haushalten einen Überschuss an Verständniskraft. Die Natur will das so. Fragen über Fragen verlangen nach Rede und Austausch.

Menschen sind auf Menschen abgestimmt.

Wenn wir Andere massregeln, drohen wir als letztes Mittel zwar keine Marter mehr an. Dafür jedoch Isolation, zumindest aber Abschneidung von gewohnter Zugehörigkeit. Auch unsere smarten Druckmittel laufen darauf hinaus.

Zwar ergeht es den meisten nicht so wie E. A. Poes Massenmensch, der vielleicht tragischsten Figur überhaupt: Nur damit er sich nicht alleine fühlt, bewegt er sich kreuz und quer unter Passanten, ohne dass er mit jemandem in Kontakt tritt.

Wenn man bedenkt, dass Menschen kraft ihrer Natur auf Menschen abgestimmt sind, weiss ich nicht, was diese Massnahmen von der Marter noch unterscheidet, ausser dem körperlichen Schmerz. Aber auch dieser Unterschied fällt. Denn laut Neurobiologie nehmen wir Isolation genau so wahr, nämlich als körperlichen Schmerz.

Daher: Isolation ist Marter.

Immerhin können sich Isolierte heutzutage sogar unter Leuten in ihren Selbstgesprächen völlig frei ergehen. Sie brauchen nur die Ohren zu verkabeln oder das Handy wie einen Zwieback an den Mund halten.

Ein unscheinbarer Fortschritt der besonderen Art.