Selten gönne ich mir ein Vollbad. Ich mag es nicht, wenn die Knie aus dem Wasser ragen und, äh, der Bauch. Aber immer lasse ich mich für eine gewisse Zeit ganz unter Wasser gleiten. Dann lausche ich meinem Herzschlag.

Als Kind hörte ich oft Herzschläge ab. Auch später, wenn ich nach bübischer Liebe aufruhe oder meinen eigenen Herzschlag im Kissen sanft rascheln höre. Am liebsten würde ich mehrere Herzschläge aufnehmen und übereinandergelegt abhören. Nun unter Wasser und gehüllt in Jasminduft kamen mir besondere Gedanken. Dabei verlieren die Dinge so wunderbar ihre Selbstverständlichkeit. Daran habe ich immer ein berauschendes Vergnügen.

Als entdeckte ich die Welt neu. Fast wie ein Kind. Ein Kind im Bade.

So fiel mir einmal auf, dass ich nichts zu diesem Pochen beisteuere. Es bleibt meiner Einflussnahme völlig entzogen. Mein höchst persönlicher Herzschlag fühlte sich daher auf einmal fremd an, für einen Augenblick sogar leicht eklig. Aber niemals bedrohlich.

Dieses Pochen, so überlegte ich unter Wasser, verankerte mich in etwas, das in meine innerste Tiefe reichte und zugleich weit über mich hinaus. Überall dahin, wo es Leben gibt, wo Leben war und sein wird. Mich packte ein metaphysisches Entzücken. Das Pochen hält mich lebendig, ohne dass ich irgendetwas dafür leisten muss.

Einfach so.

Seit Jahrmillionen klappt es zuhauf. Soviel ich weiss, fehlt eine Erklärung für diesen Erfolg. Aber was würde eine Erklärung helfen? Man kann sich eine erfinden. So könnte dies an kosmischen Resonanzen liegen, die wie Nordlichter die Erde streifen und einen Cluster an Herzschlägen anregen, der den gesamten Planeten umspannt.

In uns pocht Natur.

Und ich dachte ihrem Takt lauschend, ich würde bei meinem Sterben nicht scheitern.

Dieser kuriose Gedanke entspannte mich ungemein. Sein Widerspruch scherte mich keinen Deut. Und wenn es der Fall ist, so dachte ich weiter, dass mein Sterben ohne mein Dazutun gelingen würde, also aufgehoben in dieser uralten Weisheit, die seit je ohne Unterlass abläuft, dann könnte ich ebenso gut mein Leben bis dahin einfach geschehen lassen.

Mein Ich hat gewisse Vorzüge. Je nach Blickwinkel ist es aber doch schräg gewachsen oder einseitig geblieben und unreif. Will ich wirklich daran festhalten?

Wir entstammen der Totalität des Lebens, wo alles mit allem in Austausch steht. Die Natur wird mich dahin zurücksinken lassen.

Diese Totalität möchte ich sein. Jetzt. Denn mein Kleinmut gehört dazu.

Da tauchte ich auf und strich mir Schaum aus dem Gesicht.