Vor einiger Zeit wurde ich als Historiker für eine Vakanz im Heimatschutz beworben. Ich lehnte ab, mühelos.
Ohne Bedenkzeit stellte ich mein Desinteresse klar. Der Heimatschutz entspräche nicht meinem Anliegen. Ein Klick, und die Antwort war verschickt.
Da wurde ich nachdenklich. Woher diese Klarheit? Müsste ich mich als Historiker nicht um den Erhalt des Vergangenen kümmern? Eigentlich ja. Das heisst, eigentlich nein. Oder nicht zwingend. Historiker sollen beschreiben und wenn möglich erklären, was vergangen ist. Wie sollten sie an Bewahrung interessiert sein, wenn sie doch davon leben, dass die Dinge ständiger Veränderung zum Opfer fallen? Ihre ganze Zunft würde ja brotlos werden.
Eigentlich müssten Historiker kalten Arsches auf genau diese Veränderungen scharf sein. Was gäbe es Besseres, als sie gleich mitzuerleben? Ihr Vorher, ihr Vollzug, ihr Nachher.
Statt zum Heimatschutz passten Historiker besser in die Think Tanks heutiger Schattengremien wie Rothschild oder Bilderberger. Dort könnten sie wie ein Teufelchen am Tisch sogar dazu ermuntern, dass man in die Gegenwart Schneisen schlägt, wie einst Haussmann in Paris, und sie löchert und umschichtet und glättet und ihre wuchernden Knotenpunkte entkernt, damit die Gesetze der Veränderung so richtig zutage treten.
Nein, Historiker sind dort gefragt, wo die Menschen vor lauter Veränderungen überfordert sind. Und es leuchtet mir ein, dass diese Überforderung zu Faschismus führen kann.
Man möchte wissen und erhalten, wie es vorher war. Eigentlich eine erbärmliche Kurzsichtigkeit.
Da ist Wehmut im Spiel. Wir erinnern uns an Umstände, die uns als normal anheimeln. Dabei übersehen wir, dass auch sie Veränderungen entwachsen sind, die frühere Generationen bitter beklagten. Wo soll man mit dem Erhalt ansetzen?
Und was amtlicherseits wie beim Heimatschutz bewahrt wird, verkommt ohnehin zur Kulisse.
Statt Veränderungen zu verteufeln, möchte ich ihr hautnaher Zeuge sein. Denn sie sind immer Veränderungen des Lebens.
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