Nur zu gern hätte ich mit Mambò oder Mangò ein Gespräch geführt. Beim Spazieren durch den Park male ich mir aus, was wir hätten bereden können.

Vielleicht würde ich irgendetwas Idiotisches in Sachen Ungerechtigkeit faseln. Kolonisierung, Ausbeutung, Hunger in Afrika. Die ganze Brutalität Europas vor Jahrhunderten. Hier Überfluss, dort Mangel. Im dümmsten Fall hätte mir das leidgetan. Bei einem fiktiven Gespräch jedoch kann man die Einleitung einfach überspringen. Und es kümmert mich nicht, dass ich dem Afrikaner wohl Dinge in den Mund lege, auf die er vielleicht gar nicht käme.

So könnte ich bemerken: ‘Aber dein Leben ist auch nicht einfach.’ Er hat ja vom schwierigen Leben der rumänischen Mutter gesprochen. Ich sehe, wie er seine Antwort abwägt. ‘Wir leiden nicht’, lasse ich ihn erklären. ‘Wir haben unsere Würde. Die nimmt uns keiner. Auch wenn wir unter Brücken schlafen.‘

‚Aber ihr werdet hier gehasst.’

‘Das hat mit uns nichts zu tun.’

Diese Antwort verblüfft mich. Aber sie hat sich in mir einfach so ergeben. Das ganze Gespräch läuft in Gedanken wie von selbst ab. Und ich höre den Afrikaner mit der selbstgedrehten Marlboro im Mundwinkel sagen: ‘Es hat mit euch zu tun. Ihr seid Ausgehungerte. Untote. Und wir bringen euch Götterspeisen.’

Keine Ahnung, woher ich diesen Ausdruck kenne. Wohl angelesen, wie so oft. Götterspeisen! Migranten und Randständige bringen sie uns. Erst die Rocker, dann die Jugos, wie sie damals genannt wurden, darauf was Asiatisches, jetzt Dealer aus Afrika.

‘Ihr verdient daran und wir werden süchtig nach dem Zeug’, meine ich, als hätte ich etwas begriffen. ‘Nein, die Sucht kommt nicht von der Götterspeise‘, berichtigt Mambò oder Mangò.

‚Die ist in sich selbst. Es ist die Angst, die euch süchtig macht.’

Ich bleibe stehen, ich lächle. Die Musik der Afrikaner haben wir ja schon. Der Blues, der Jazz, der Soul, der Rap, der Raggae. Und der Techno mit seiner Trance. Als tanzten wir durch ganze Nächte an Feuern der Savanne.

Afrika hat uns genauso kolonisiert. Nicht nur im Görlitzer Park. Seit Langem. Eine Art Rückkolonisierung. Und zwar auf seine Weise.

Nämlich durch Nichtstun.