9/11 im Rückblick: Die Ungereimtheiten sind beschämend. Selbst Fachleute teilen sie. Eine verzwickte Gemengenlage an Verantwortlichkeit hat dieses Ereignis ausgeschwitzt. Ein Zusammenspiel der Kräfte ist vorstellbar. Die Attacke findet statt, man lässt sie zu, man hilft ihr nach. Sicherheitsleute sind am Utilitarismus geschult. Sie dürften notfalls die geordnete Sprengung der Türme als Vorsorge rechtfertigen. Nicht auszudenken, diese würden kippen. Und das weiss man ja nie.
Eine Verschwörung also. Ein einfacher Sinnzusammenhang glättet diese himmelschreienden Widersprüche. Man sagt, eine geordnete Verschwörung wäre uns lieber, als ein Chaos voller Zufälle. So geordnet wie die Sprengung.
Was die Verantwortlichkeit von 9/11 angeht, so habe ich Mühe, an Bösewichte zu glauben, die mit schief sitzenden Krawatten im Qualm ihrer Zigarren auf Ledersofas fläzen und Strategien feiern, die sie von anderen vollstreckt wissen. Ihre Ausdauer wird überschätzt, als blieben sie rund um die Uhr am Ball. Wie das Böse in Comics. Oder in Märchen. Als gerieten sie niemals auch nur für einen Wimpernschlag in Zweifel über sich und ihr Vorhaben. Als wollten sie niemals allabendlich auf dem Sofa ausspannen und mit ihren Kindern zusammen sein.
Unterschätzt wird die immens heikle Ökonomie an Vertrauen unter Verschwörern.
Wer immer 9/11 mitorganisiert hat, durchlitt schlaflose Nächte. So sehe ich das. Man betete zu Gott oder zu Allah, was der gleiche Adressat ist, dass ihr Tun gelingt und sie doch letztlich Gutes ins Werk setzen. Manch Beteiligter handelte aus Absichten, die er persönlich verabscheut. Vielleicht hatte er sich verrannt und fand nicht mehr heraus.
Machtgierige gibt es zweifelsohne, aber sie sind auch nur Mittel in Händen jener, die im Verborgenen bleiben.
Nämlich die, die Geld haben. Und Angst.
Diese Ängstlichen im Verborgenen befürworten Übergriffe aus Pflicht. Sie lobhudeln sich tatkräftige Beschützer zusammen und polstern sie mit Einfluss und Macht. Die Geschichte liefert Namen zuhauf für Marionetten dieser erlesenen Art. Von Vorteil ist, wenn sie aus dem Ausland stammen, falls sie scheitern. Ruhmsüchtige, die Drecksarbeit für andere leisten, sodass es einleuchtet, wenn sie nicht aufhören, sich selbst zu belohnen.
Vielleicht wurde die Drecksarbeit bei 9/11 nur sorgfältiger verteilt. Das katalytische Ereignis nach dem Zuschnitt Pearl Harbours, das Organisatoren amerikanischer Sicherheit in den 90ern erwogen, ist jedenfalls eingetreten. Ob es die Demokratisierung der Welt beschleunigen wird, steht aus.
Ein wahrscheinliches Ziel aber ist erreicht: Die Moderne opfert ihre Freiheit Stück für Stück. Die Angst siegt einmal mehr.
Das freut Strenggläubige jeder Couleur, Orthodoxe, Evangelikale, Jihadisten, aber auch schlichte Erdenbürger mit Tulpen im Vorgarten und Rasensprenger im Sommer. Ihnen geht die Zeit doch etwas zu schnell voran.
Als hätten die dumpfblöden Massen Freiheit falsch verstanden. Denn Freiheit bedeutet Verantwortung durch Einsicht in das, was für alle notwendig ist. Die Arglosigkeit der 90er-Jahre, diese festfröhliche Selbstbezogenheit, bei der aller Sinn für Pflichten abhanden kam, diese barocke Verschwendung, das öffentliche Kiffen und Vögeln, die Dauerpartys, die Liederlichkeit, dass man Liebesbeziehungen zwischen Lehrkräften und Schülern mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nimmt, dieser ganze Abschaum gehörte, wenn nicht abgestraft, so doch gehörig aufgeschreckt.
Aufgeschreckt durch ein Ereignis von beispielloser Wirkungskraft mit planetarischer Reichweite. Dank 9/11 können viele aufatmen. Die Restauration ihrer Werte ist in vollem Gange.
Ob diese Geschichte zutrifft, weiss ich nicht. Immerhin geht sie auf.
Wie so viele Geschichten. Oder Märchen.
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