Unter Leuten, die sich oft und ungern den 68ern zugeordnet sehen, ist das Wort ‘aufgleisen’ beliebt. Es wird dann gebraucht, wenn gewisse Abläufe zumeist politischer Art von Grund auf zu organisieren sind. Das Wort zeugt von Planmässigkeit und hoher Verantwortung.

Wer aber von Aufgleisen spricht, meint, ob willentlich oder nicht, dass er Verhältnisse einrichtet, denen andere zu folgen haben.

Das ist bei den meisten Entscheiden mit politischer Bewandtnis so der Fall. Zum Beispiel wurde niemand gefragt, ob er damit einverstanden sei, dass alle rechts fahren. Und dieser Umstand fiele auch nicht weiter ins Gewicht, wenn aus der Europäischen Kommission nicht zu vernehmen wäre, dass man Dinge beschliesse, die für die meisten unverständlich seien, und dann so weitermache, bis es kein Zurück mehr gebe, denn in der Regel erfolge kein Geschrei, womit eine Art Referendum bezeichnet scheint.

Dann sind die Geleise gelegt, und Geleise werden selten bis nie umverlegt.

In der EU wird praktisch nur aufgegleist. Mit eben dieser Überheblichkeit verwünscht man hierzulande Einwände gegen den Lehrplan 21, wie ich in einem flüchtigen Gespräch mitbekam. Es missfiel, dass gewöhnliche Leute ein üppiges Regelwerk in Zweifel zogen, das von Fachleuten fein austariert wurde.

Die meisten sollen den Mund halten, aber die meisten sind betroffen davon: Eltern, Kinder, Lehrkräfte, Behörden. Auch was die Bologna-Reform angeht, stösst man nur auf ein Bedauern mit Schulterzucken. Diese Reform, so heisst es, lasse sich nicht mehr rückgängig machen.

Das schlägt unter Demokraten Alarm.

Dennoch darf man diesen Leuten, die so gerne Dinge aufgleisen, nicht überstürzt Arroganz bescheinigen. Natürlich verfolgen sie ein Anliegen.

Denn ein Anliegen ist immer da, gerade im Kern brüsker Überheblichkeit. Diese Leute sind einer Sache verpflichtet, die ihnen am Herzen liegt. Doch ich staune immer wieder darüber, was sie so sicher macht, wenn sie für die grosse Sache an Einzelheiten schleifen. Wahrscheinlich geht ihr Anliegen tiefer, als vermutet. Wer weiter danach forscht, stösst auf Wunden, die das Anliegen erklären. Etwa die Sorge, dass kein weiterer Krieg in Europa ausbricht. Feindschaften sollen zusammenwachsen.

Anliegen wird Sorge. Sorge wird Pflicht. Pflicht erhöht den Druck. Druck führt zur Bevormundung Anderer.

Aber Menschen, die etwas auf sich halten, vertragen Bevormundung schlecht. Gutes Management, so ist bekannt geworden, ersucht beim Entscheid so gut als möglich um Teilnahme aller Kräfte, die davon betroffen sind.

Das sollten diese Politiker wissen. Es ist die Wunde in ihnen, die sie sicher macht, dass sie zur richtigen Lösung berufen sind und daher zur Bevormundung Anderer verpflichtet.