Kaufleute geben auf ihr Auftreten und Benehmen besonders Acht. Das versteht sich von selbst. Aber warum ist das so? In ihrer Banalität lässt diese Frage aufhorchen.

Wer vereinbarte Fristen einhält und Sprachstil sowie Auftreten pflegt, wird ebenso zuverlässig fremdes Vermögen verwalten. Auch wird er diskret mit heiklen Daten verfahren. Diese Logik gilt unumstösslich.

Genau genommen ist sie erschreckend naiv.

Der übelste Gauner hält Fristen ein, weiss Namen von Kunden auswendig, gibt sich redegewandt und weinkundig, während er Rasierwasser verdunsten lässt. Noch heute machen Schulterpolster Eindruck. Dieses äffische Gebaren hat sich bis jetzt gehalten, ebenso das Tragen eines kuriosen Latzes namens Krawatte, der soldatischen Ursprungs ist wie so Vieles in der Wirtschaft.

Aber man darf sich nicht beklagen. Unser gesellschaftliches Gedeihen wäre kaum auf dem heutigen Stand, liessen sich Kaufleute über Monate Zeit, um erst das nötige Vertrauen aufzubauen. Der Handel muss rasch geschehen, Verträge zügig zum Abschluss kommen. Da gilt es, Qualitäten zu bieten, die kurzfristig messbar sind. Langfristige Vorzüge wie Treue oder Loyalität lassen sich eben nicht im Nu unter Beweis stellen.

Kaufleute schaffen mit ihrem Benehmen Vertrauen. Aber sie wissen auch, was wir über sie wissen. Denn sie hantieren letztlich mit blossen Zahlen, und das macht sie zu virtuosen Tricksern, sobald die Türen geschlossen sind. Schon das Wesen der Bank versteht sich als Betrug, da sie für die gleiche Einlage eine Quittung sowie Schuldscheine in Umlauf bringt, mit denen sich allesamt handeln lässt. Der Markt blüht, auch wenn der Wert nur auf dem Papier vermehrt wird. Wir alle sind mit diesem Betrug einverstanden, aber wir machten Druck, würden Kaufleute ungehobelt auftreten und infolge Katers ein Treffen verschieben.

Interessanterweise jedoch unterscheiden sich Kaufleute nach Kulturräumen: Ein Kollege von mir belieferte den deutschen und zugleich den spanischen Markt mit Zahnarztbohrern. Die Deutschen handelten die Messbarkeiten ab, bevor es zum Handschlag kam, gefolgt dann von gemütlichem Essen mit geschultem Schmalltalk, während die Spanier mit dem Verkäufer erst während eines Spaziergangs Gespräche führten, die von allem Möglichen handelten ausser von dem Geschäft. Schweizer betonen Eigenarten des Spiessers, während deutsche Kaufleute mit druckreifer Rhetorik Überzeugungsarbeit leisten, als hissten sie ihre Fahnen auf fremdem Terrain.

Das offenbare Geheimnis bei Kaufleuten besteht also darin, dass sie kulturelle Klischees überzeichnen. Damit bedienen sie die Naivität des Kunden. Im Vorurteil heimisch aufgehoben wird er ihnen geradezu vertrauensselig entgegenkommen.

Wie zum Beleg lassen sich entsprechende Grundsätze aus dem Bereich Marketing anführen: Man ziele auf das Herz des Kunden, heisst es da, treffe aber seinen Geldbeutel.

Oder: Kunden sind so über den Tisch zu ziehen, dass sie die Reibung als Nestwärme empfinden.