In Zügen und Bussen wird man Zeuge von Gesprächen. Es sind Fetzen von Sinn, ohne Informationsgehalt. Ihr Wert ist ein anderer.
Wie ich so dasitze, in mich versunken und die Augen geschlossen, aber hellwach von Apfel und Espresso, kommt es mir vor, als streckte ich die Fühler aus in die Belange fremder Leben.
Als naschte ich an ihren Blüten wie ein in sich schwebender Unhold.
Die Themen sind gesetzt: Tagespresse, Lifestyle, Politik, Lieblingsfarben, Sternbilder. Tolle Kleinstgeschichten machen die Runde, leiser Kummer kommt auf. Das Verhalten einer abwesenden Drittperson wird ausgedeutet. Die Vermutungen sind gut begründet, aber die Gewissheit fehlt, ob sie zutreffen. Arbeitsgruppen teilen ihre Müdigkeit, auch geniessen sie gemeinsame Ironie. Berufsschüler rascheln mit zerknitterten Arbeitsblättern, gehetzt gleichen sie ihre Agenden ab.
Stimmungen, Benehmen, Geplapper, Geflüster, Gesten, Mimiken, Düfte von Körpern, Parfums.
Wer in wenigen Atemzügen in sich ruht, fühlt sich bald diesem Treiben überlegen. Was hier für so unerhört wichtig genommen wird, verkommt alsbald zur Belanglosigkeit, so flüchtig wie die Gischt von Wellen, während ich, so Marcel Prousts Beschreibung, wie ein Fisch in Meerestiefe aufgehoben bin und wohlig benommen durch Flut und Strömung gleite.
Diese Überlegenheit wäre alles andere als gerechtfertigt. Denn genau da, wo Schaumkronen schäumen, wo man ohne Unterlass um gewichtige Belanglosigkeiten Eiertänze vollführt, bis der wirkliche Schlaf sie unterbricht, strickt das Leben seine Bahnen fort.
Wie eine Staude Beeren, die in Zeitraffer über den Waldboden züngelt.
Wie der Kurs eines Währungspaares, wenn er zwischen Steigen und Fallen oszilliert.
Es gibt keinen Grund, die verholzten Gewohnheiten des Lebens, die man gerne Kultur nennt, bedeutsamer zu finden, als die Momente ihrer quirligen Zubereitung im Alltag.
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