Verkommene Stadtteile haben ihren Reiz. Allerdings nur für die, die sie nach Belieben verlassen.

In einer der vielen Unterbrückenwelten Berlins knipse ich eine Hose, die im Dreck liegt. Den Leuten hier dürfte es abartig vorkommen, wenn das als Motiv erachtet wird, das künstlerisch oder sonst wie bedeutsam sein soll.

Da nähert sich ein Demonstrationszug vom Cottbusser Tor her. Wie ich später nachlese, wird zu internationaler Solidarität aufgerufen. Es sind türkische Mütter, mit Kopftüchern und schweren Mänteln. Ihre Stimmen wirken ungeübt zum Rufen. Ein scheues Krächzen, aber auch Laute, die klar, jedoch gedämpft erklingen. Seit Jahren sind sie es gewohnt, dass sie sich niemandem in der Öffentlichkeit aufdrängen.

Nun tun sie es.

Sie marschieren ungeschützt, verletzbar. Ihre Unbeholfenheit gibt Zeugnis für eine hohe Dringlichkeit im Anliegen dieser Frauen. Auch die Kleinkriminelle, die mit ihren Kunden am Kottbusser Tor herumrennen, haben Mütter, die sich Sorgen machen.

Ihr Kind möge sauber sein. Sein Körper, sein Herz.

Seine Hosen.

So erzählt dieses Kleidungsstück, dieses Sujet mit hochbrisanter soziologisch-politischer Performance, auf einmal die einfache Geschichte von Mutter und Kind.

Was es beinahe zur Ikone macht. Ein Grund mehr, es zu fotografieren.