Am Untersee kleben Villen in Höhen mit bester Aussicht. Auch ich habe Jahre meines Lebens so verbracht: Ottenberg, Zugerberg, Ausläufer des Seerückens. Bombastische Ausblicke. Warum vermisse ich sie nicht? Mit einer Bellevue ist wenig anzufangen. Man kann sie nicht essen und nicht rauchen. Sie lässt sich auch nicht an die Wand hängen. Wer täglichen Fernblick geniesst, sollte entsprechend denken. Eben mit Fernblick. Das scheint nicht der Fall zu sein. Schliesslich steckt man in einem noblen Gehege fest, mit Design und nervösen Aussensensoren. Das sind schlechte Bedingungen für lebhaftes Denken.

Gerne sammelte ich die Namen all dieser Bauprojekte am Untersee. Die meisten dürften die Fernsicht thematisieren, vorzüglich deshalb, weil sie auf einen See geht. Früher oder später weicht die Freude über die beste Aussicht einer sonderbaren Ernüchterung. Wer nämlich in eine Krise gerät, wendet sich vergeblich an sie. Auch bewahrt sie nicht davor.

Gerne führe ich mir vor Augen, wie Bewohner in diesen hochtechnisierten Burgen trübsinnig in die Weite blicken, vom Tischchen weg, vom Ledersessel oder aus dem Rattannest heraus.

Eine Art Gleichschaltung im Verborgenen.

Scham erfasst sie, dass sie ausserstande sind, das täglich Schöne von Herzen zu geniessen.

Das immer Gleiche verliert seinen Reiz wie alles immer Gleiche. Auch wenn es teuer ist. Und viel Schuld kostete, wie etwa anlässlich von Erbschaftsstreitigkeiten, die in Kauf zu nehmen waren, um den besten Platz in der Höhe zu ergattern. Das schlechte Gewissen wächst drückend an.

Im Übrigen scheidet die beste Aussicht als Möglichkeit zur Erheiterung aus. Es lohnt sich nicht, noch höher zu steigen. Diese Möglichkeit steht jenen zur Verfügung, die keine beste Aussicht besitzen.

Sie sind es, die sie mit jedem Atemzug wahrhaft geniessen.