Hinter dem Münster, im Pfalzgarten, nahm ich Platz auf einer Bank und schon sehr bald war ich planetarisch gestimmt, wie so oft, wenn die Umstände passten wie jetzt. Oft reichte dazu ein Blick in den Himmel, der strahlend blau war.
Das blanke All über uns.
Ältere Herren spielten Boccia. Wie grimmig sie zugange waren. Das war mir vorher gar nicht aufgefallen. Vielleicht war das Spiel ein rarer Quell ihrer Lebensfreude, aber es lief gerade schlecht. Oder man hatte mühselige Überzeugung aufgewendet, um einen Mitspieler zu gewinnen, der in seinem Alltag auch ohne Kugelwürfe klarkäme. Folglich gaben die anderen Spieler preis, dass sie dieses Glück nötiger hatten als er.
So fingen meine Gedanken an zu purzeln. Und immer, wenn sie in dieser Art transzendierten, durchliefen sie erst eine Art Phase des Psychologisierens, wie eben bei diesen Bocciaspielern. Das hat, glaube ich, mit der Scham darüber zu tun, dass man überhaupt transzendiert.
Denn es ist eine Art planetarischer Voyeurismus, der die Intimitäten dieser Welt zu durchdringen sucht.
Irgendwann sah ich Menschen vor mir, die mit Kugeln warfen, während sie sich selbst auf einer Kugel bewegten.
Einen Augenblick tauchte diese Situation sogar schematisch in mir auf. Ich betrachtete die Spieler, wie sie in die Knie gingen und ihre Planeten aus dem Handgelenk führten und sie mittels Flaschenwurf nahe an den kleinen Ball beförderten, der sie wie ein schwarzes Loch an sich zog. So warfen sie ganze Galaxien auf dem Platz aus wie sublime Netze und sammelten sie wieder ein.
Irgendwann lehnte ich mich zurück. Der Pfalzgarten war leicht erhöht. Er barg Bischofsgräber und Trümmer eines Kastells. Ein Berg von Schutt, den vor Jahrtausenden der Gletscher mitführte und bei stockender Schmelze ablud, sodass der Haufen Geröll um den See reichte, wie vom Spritzbeutel auf einen Tortenrand dressiert.
Während Jahrhunderten war auf dieser Moräne massig Volk in Richtung Alpen oder von da hierher gezogen: Klosterpersonal. Wallfahrer. Köhler und Nutten. Die Ottonen, die Salier. Der Enkel Barbarossas, der Falkner. Ein Augustinermönch namens Martin Luther. Saumtiere, mit Leinwand und Stickereien beladen.
Und ich genoss das blosse Sitzen auf der Bank. Was für eine Gegenwart!
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