Zu hoher Blutdruck, einmal mehr. In zehn Jahren, so mein Arzt, schlitzen die Plaque die Blutgefässe meines Gehirns auf, indem sie sich darin ablösen. So tritt Blut aus und lässt mich innert Kürze verblöden.
Seither meine ich zu spüren, wie der Gefässwiderstand meines schlabbrigen Körpers Druck erzeugt. Morgendliches Ohrensausen gerät unter den gleichen Verdacht, ebenso die Glühwürmchen, die bei starkem Husten im Blickfeld umherschwirren. Aber mein Arzt lacht darüber, man merke gar nichts vom Bluthochdruck.
Dieser Tod käme auf leisen Sohlen.
Nun habe ich die Kurven vor mir. Die Daten seien hart, wie mir dargelegt wurde. Sie sind also seit Jahrzehnten mehrfach erhoben, bestätigt und widerlegt worden. Der tolerable Durchschnitt wirkt wie die blanke Oberfläche eines Sees, worüber sich die Gebirge meiner Daten erstrecken. Dieser Durchschnitt wird kaum je ernsthaft unterlaufen. Beim Puls verhält es sich umgekehrt: Der Durchschnitt führt wie der Kondensstreifen eines Flugzeugs waagerecht über das Daten-Gebirge hinweg. Auch in der Phase der Erschlaffung sind meine Werte zu hoch. Die Absenkung bei Nacht lässt aufatmen, allerdings liegt da der Durchschnitt tiefer.
Je länger ich diese Auswertungen betrachte, desto eher gerate ich in Abstand dazu. So gewinne ich allmählich den Eindruck, ich würde bloss ein Stück Natur anschauen, bei dem wir es für selbstverständlich halten, dass es uns sehr persönlich und intim angeht.
Genauso gut könnte ich betonen, dass meine Person nur zufällig damit zu tun hat: Genetisches Erbe, gattungsspezifische Eigenschaften, Kulturelles über Generationen hinweg, Evolution, Urknall.
Zwar bildet sich eine Art Tödlichkeit in diesen Daten ab. Jedoch sind gerade Leben und Tod und Natur und Kosmos in keiner Weise persönlich zu nehmen.
Wozu auch.
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