Vor Jahren, als der Alltag noch nicht so reguliert war, hatte ich das Vergnügen und auch die Ehre, den Punker T. und den Skin R., der heute beim Grenzwachtcorps tätig ist, als Gäste bei mir zu haben. Ich wunderte mich, wie gut die beiden sich vertrugen. Aber R. erklärte sich als Eu-Skin, der apolitisch sei. Dafür standen die schwarzen Schnürsenkel auf schwarzem Leder, wie ich erfuhr. Ein Blick unter den Tisch gab mir die Bestätigung.

Natürlich tranken wir viel Bier und Schnaps. An die Gespräche erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiss nur noch, dass Punker T. den Weichkäse mit dem Brotmesser schnitt. Irgendwann verglichen wir unsere Bäuche, ihrer war noch jugendlich.

Spät abends ging‘s auf die Gasse. Wir steuerten in Richtung Konstanzer Trichter. Da fingen die beiden an zu brüllen und zu pöbeln. Erst war ich schockiert, dann komischerweise stolz, dass ich zu ihnen gehörte. Die beiden vollführten ein Duett ihrer Art unter den Passanten. Ein Aufmarsch zum Fürchten. Gehässig waren sie nicht, das stand fest. Woher also dieses Benehmen?

Sie pöbelten, damit sie sich Platz verschafften. Mit beinah methodischer Sicherheit zwangen sie die Leute auf Abstand. Unmündige erobern sich, was sie brauchen. Der Freiraum, den sie zugewiesen bekommen, riecht genauso wie Verbote nach Fremdbestimmung.

Das Gesetz will es so, dass das Leben Heranwachsender reguliert wird. Wenigstens kann man diese Lage überhaupt als schwierig für Menschen anerkennen. Deshalb lasse ich mich heute nicht mehr aus über normale Berufsschüler, die an Orten, wo sie unerreichbar sind, ihr Mittagessen verzehren, zum Beispiel stehend an einer Mauer hinter Fahrradständern. Nicht alle haben das Zeug zum Punk oder zum Skin. Aber auch sie fliehen die Regulierung, als wären sie welche.

So weit ist es also gekommen.