Als Schüler waren mir Hausaufgaben schnuppe, als Lehrer meide ich sie, weil sie Aufwand und Ärger bedeuten, als Vater hasse ich sie. Kein Gesetz schreibt Hausaufgaben vor. Zu ihrer Verteidigung wird viel pädagogisches Geschütz aufgefahren: Die Kinder übten Selbständigkeit. Dafür gäbe es bessere Möglichkeiten. Und warum zu Hause? Hausgaben ermöglichten einen persönlichen Rückblick auf den Schultag. Aber warum zu Hause? Dieses erzieherische Gewäsch verdeckt eine peinliche Unkenntnis über die eigentliche Funktion von Hausaufgaben. Ihr bildender Wert gilt für jene Schüler, die ohnehin damit klar kommen. Für den mehrheitlichen Rest bedeuten sie Streit und Einsamkeit.

Der alte Lehrplan aus dem Jahr 1990 betont in dieser Sache die Verhältnismässigkeit: Falls Hausaufgaben erteilt würden, heisst es da, dann eben massvoll. Als Junglehrer verwies ich auf diesen Passus, in der Annahme, die Eltern würden sich erleichtert zeigen. Das Gegenteil trat ein. Sie gerieten ausser Rand und Band. Ein gesittetes Dorfvolk, Käser, Bauern, Kaufleute, Wirte stiegen auf Barrikaden. Ich suchte Geleitschutz, aber der damalige Inspektor klärte mich auf, das sei auf dem Land halt noch wie früher zu handhaben.

Hausaufgaben sind Volkssache. Sie gehören zu einem Kompromiss zwischen Staat und Elternschaft. Die Staatsschule bevormundet die Eltern, indem sie ihnen vorschreibt, wie mit ihren Kindern zu verfahren ist, aber sie belässt ihnen die volle Verantwortung über sie. Dieses rechtliche Unding wird dadurch gemildert, dass man Eltern täglichen Einblick in den Schulbetrieb gewährt, indem man die Schüler Arbeiten nach Hause schleppen lässt. Von einem bildenden Wert der Hausaufgaben kann keine Rede sein.