Der Besuch einer Kläranlage lohnt sich für Biologen, aber für Literaten, Lehrkräften in Deutsch, Germanisten in diesem Fall? Wer annimmt, es sei für diese Leute nichts zu holen, geht fehl. Es sind die besonderen Wörter, die dort benutzt werden. Nur schon der Klärmeister versetzt sie in eine Art Schwingung. Psychiater oder Juristen müssten so bezeichnet werden. Oder man bekommt erklärt, das Wasser schmirgle das Rohrwerk, weil es von den Strassen her Sand mit einführt.

Weiter gibt es da einen Fettfang. Der Schlamm, der mittels Belüftung abgeschöpft wird, gelangt in den Faulturm. Dieser Ausdruck weckt Gedanken, die mit Klärtechnik wenig zu tun haben, aber eben mit Literatur. Selbst der gelöste Schmutz klingt, als erzählte er eine Geschichte. In den Wasserbecken der vorletzten Bearbeitung sind von Auge Schwebstoffe zu sehen. Und die neuerdings viel benutzten Feuchttücher verursachen Schäden, wenn sie in der Schraube verzopfen.

Diese Begrifflichkeit wird nicht am Reissbrett erfunden, wie es unter Reformpädagogen üblich ist, die mit neuen Ausdrücken die Gesellschaft zu verbessern meinen. Ihre Wörter wachsen nicht. Sie werden überstülpt, und ob sie etwas taugen, zeigt sich erst, wenn die Generationen, die folgen, sie von selbst übernehmen. Ein Fettfang oder ein Verzopfen belegt Erfahrungen, die erlitten sind. Diese Begriffe werden nicht ausgesucht und erbastelt. Das macht sie so literarisch.