Ändere dein Verhalten! Täglich kommt dieser Wunsch auf, aber meistens bleibt er ohne Erfolg. Es ist doch bezeichnend, dass man diesen Wunsch eher verweigert, je nachdrücklicher er vorgebracht wird. Eine Art Naturgesetz unter Menschen, ganz besonders unter Erwachsenen. Was bleibt, sind Kopfschütteln und Klagen über Sturheit. Einmal mehr zieht sich der Held der Weltverbesserung aus einem Spielfeld voller Idioten zurück.

Ändere dein Verhalten! Zeit ihrer Ehe wünscht sie sich, er möge doch mit ihr ins Abendrot treten und zärtlich zu ihr sein. Der Wunsch ist bis heute unerfüllt geblieben. Gewisse Schüler zeigen sich von schlechten Noten unbeeindruckt. Auch Strafpunkte bringen sie kaum aus der Ruhe. Der Mittefünfziger hängt immer wieder an der Flasche. Der geschwisterliche Rat, er solle einen Entzug antreten, verhallt kläglich.

Sturheit, Borniertheit, Dummheit! Dieses Urteil mutet nicht weniger borniert und dumm an. Vielleicht sollte auffallen, dass die Verhaltensänderung wie eine exakt ausgearbeitete Vorschrift daherkommt: Ins Abendrot treten und zärtlich sein. Jeden Abend zwanzig Minuten Kärtchen lernen. Einen Entzug durchstehen und anschliessend keine Flasche mehr anrühren.

Es heisst dann, die Leute sähen eben nicht ein, was notwendig für sie wäre. Das tun sie aber sehr wohl. Ihre Sturheit hat mit mangelnder Einsicht nichts zu tun. Nach meiner Erfahrung ist sie vielmehr einer natürlichen Selbstachtung geschuldet. Und diese zeigt sich schon bei Kindern, sie gilt altersübergreifend.

Wer immer Personen zu Verhaltensänderungen bewegen will, lässt ihnen den Spielraum und die nötige Zeit dafür, dass sie die Notwendigkeit annehmen können. Wenn sie ihr Verhalten ändern, ist es dann ein Vollzug ihrer persönlichen Lebensführung und kein Diktat.

Die moderne Gesellschaft hat jedoch keine Geduld dafür. Sie setzt auf Druck und Bevormundung. Beinharte Kritik lastet besonders auf Eltern, Vorgesetzten und Lehrkräften, die Verhaltensänderungen veranlassen und durchsetzen sollen.

Wir Menschen aber benötigen Freiraum, damit wir uns die Notwendigkeiten der Welt persönlich aneignen können. Das wäre eine Notwendigkeit für sich, eben ein Naturgesetz. Freiheit hat weniger mit Wahlmöglichkeiten zu tun, als damit, dass wir als Person eins werden mit dem, was ist. Auch um es zu ändern, versteht sich. Bis zu einem gewissen Grad. Aber dieses Limit ist unklar.