Ein Problem der Moderne liegt darin, dass wir ein Grundrecht einfordern, das es gar nicht gibt: Nämlich das Recht auf ein erfülltes Leben. Die Erwartungen an das Leben sind enorm. Und sie verstehen sich von selbst: Der Abschlussabend in Berlin muss knallen! Gerade in der Mitte des Lebens, wenn sich klarer abzeichnet, dass die Dinge anders verlaufen als ehedem ins Auge gefasst, beginnen Hader und Zerknirschung. Man verkommt zu einem Stinkstiefel.
Ein Freund von mir meinte einmal, man müsste die Gaussche Verteilung als Meditationsvorlage nutzen. Sie würde bewusst machen, dass ich manchmal vom Leben in seiner Verteilung begünstigt werde, gelegentlich schwemmt es mich ins Abseits, öfter aber sehe ich mich in ein Mittelfeld gebettet, das mir immerhin Normalität zusichert. Man darf annehmen, dass es keinen Menschen gibt, der die immer gleiche Verteilung erfährt. Hiob ist literarisch, biblisch, jedoch finden sich gewisse Menschen durchaus wieder in ihm.
Gerne sammelte ich Abzüge von Gausschen Verteilungen, die auf fassbaren Befunden beruhen. Die verzogen sind oder aufgebläht, sodass fühlbar würde, wie sie das Leben in dem Moment erfassen, in dem es die Dinge sortiert. Das ideale Bild der Verteilung, die Form der Glocke, hat wenig mit dem Leben zu tun. Genau wie ein allfälliges Grundrecht auf Erfüllung.
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