Die neuen Seelsorger finden sich weder in Kirche noch Psychiatrie. Sie sind in Fachgeschäften für Heimelektronik tätig. Kürzlich besorgte ich im Interdiscount Nachfüllpatronen für den Drucker. Vor mir wurde ein Mann bedient, der auffiel. Die Haltung gebückt, die Windjacke braun und dünn, wie es vor Jahrzehnten Mode war. Sein Mund war eingefallen, die Haut fleckig, das Kinn voll mit flaumigen Bartbüscheln.
Es ging um einen Bildschirm zum Fernsehen mit grösserer Fläche und höherer Auflösung. Der Mann war Stammkunde. Er genoss sichtlich den Kontakt und die Fürsorge, die er hier erfuhr. Wie wohl selten fühlte er sich in einem Verständnis aufgehoben, das ihn zum Plaudern brachte. Der Verkäufer stellte liebevoll Fragen und mischte eigene Erfahrungen ins Gespräch. Es war mehr als Kundenpflege: Es war Menschenpflege.
Man muss eine Einsamkeit annehmen, die diesen Mann ohne Fernsehen kaum schlafen lässt. Setzt die Technik aus, gerät er in handfeste Nöte. Sein Fenster zur Welt, das technische Nirwana, wie Enzensberger es nennt, lässt ihn atmen und ruhig sein.
Auch erinnere ich mich an eine Bedienung im Apple-Shop an der Zürcher Bahnhofstrasse, bei der es vor lauter Zuwendung wie bei Schmelzkäse fast schon Fäden zog. Die Zürcher Mundart, die alles warm und rund einhüllt, mag bei diesem Eindruck eine Rolle gespielt haben .
In jenem Laden werden Module feilgeboten, die das persönliche Selbst ergänzen, wie es schon über Apple geheissen hat.
Also auch eine Art Pflegestation für Bedürftige?
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